Urangeschäfte der URENCO: Neue Atomanlage und 100 Jahre Zwischenlagerung
Die Uranfabriken der URENCO wachsen weiter: Im britischen Capenhurst bei Liverpool entsteht eine neue Fabrik zur Umwandlung von abgereichertem Uranhexafluorid (UF6) zu Tri-Uran-Octoxid (U3O8). In dieser chemischen Form ist das Uran weniger reaktionsfähig als das leicht flüchtige UF6. Bis zu 100 Jahre soll der Atommüll dort oberirdisch gelagert werden!
Diese neue Anlage, die so genannte Tails Management Facility (TMF), soll Anfang 2015 fertiggestellt sein und nach einem Testlauf etwas später in Betrieb genommen werden. Auch einige weitere Einrichtungen werden derzeit neu gebaut, z.B. eine Anlage zur Reinigung von UF6-Behältern.
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Statt Atommüllentsorgung: 100 Jahre Zwischenlagerung!
Laut Angaben der URENCO ist das abgereicherte Uran kein Atommüll. Zwar ist es derzeit wirtschaftlich nicht sinnvoll zu verwenden, gilt aber immer noch als vermeintlicher Wertstoff für den Fall, dass weltweit die Uranpreise steigen bzw. die verfügbaren Mengen an Natururan sinken sollten. Aus diesem Grund will URENCO mit der neuen TMF in Capenhurst das abgereicherte Uranhexafluorid in das stabilere U3O8 umwandeln und für bis zu 100 Jahre auf dem Gelände dauerhaft lagern!
Die Behauptung von URENCO, dass sich das abgereicherte Uran in 50 oder 100 Jahren als Wertstoff erweisen könnte, ist einigermaßen absurd und dient vor allem dazu, von dem Problem der fehlenden Endlagermöglichkeiten für die wachsenden Atommüllberge abzulenken. Deshalb hält URENCO an der Legende vom Wertstoff fest. Weltweit berichten Unternehmen von neuen Uranvorkommen und mit dem in mehreren Ländern eingeleiteten Atomausstieg ist wenig wahrscheinlich, dass die Uranpreise in den nächsten Jahrzehnten nennenswert steigen werden.
Aber: Für eine dauerhafte Lagerung ist das Uran in der Form von UF6 ohnehin zu gefährlich und müsste auch für den Fall, dass es irgendwann mal sichere Endlagermöglichkeiten gäbe, zu der stabileren Form des U3O8 umgewandelt werden. Da es aber eben keine Endlagerung gibt und damit die Atomfabriken eigentlich geschlossen werden müssten, wird das abgereicherte Uran kurzerhand zum Wertstoff deklariert und kann dann in England für bis zu 100 Jahre “zwischengelagert” werden.
Auch deutsche Uranfabrik in Gronau ist betroffen
Soweit aus Unterlagen im Internet ersichtlich (PDF), soll künftig auch das in der deutschen Anlage in Gronau anfallende abgereicherte Uranhexafluorid in Capenhurst zu U3O8 umgewandelt werden. Derzeit erfolgt das noch in einer Konversionsanlage in Südfrankreich am Standort Tricastin. Zu vermuten ist, dass das URENCO-Uran aus Gronau künftig nicht ebenfalls in Capenhurst gelagert werden soll, sondern nach der Umwandlung wieder zurück nach Gronau kommen wird. Um auch dort 100 Jahre als vermeintlicher Wertstoff zu lagern?
Fragen danach sind begründet, denn: Bis heute ist unklar, was mit dem abgereicherten Uran aus Gronau geschehen soll. Ehemals war vorgesehen, den Atommüll im Schacht Konrad dauerhaft zu lagern. Doch die wasserrechtliche Genehmigung für den Schacht Konrad lässt das nicht zu. Nach dem das bekannt wurde, ist über eine Lagerung in Gorleben spekuliert worden. Aber: In Gorleben gibt es kein Endlager.
Mehr Atomtransporte
Offenkundig wird, dass die Zahl von Atomtransporten enorm anwachsen wird. Zunächst wird das Uranhexafluorid in Gronau angeliefert. Nach der Verarbeitung wird das angereicherte Material an die Kunden – Brennelementfabriken in aller Welt – ausgeliefert. Das abgereicherte Uran wird als Uranhexafluorid zunächst zwischengelagert, dann aber per Zug oder LKW im Moment nach Frankreich transportiert, dort zu U3O8 umgewandelt und dann wieder zurück nach Gronau transportiert. Dort wird derzeit an einem Zwischenlager für die Lagerung dieses Strahlenmülls gebaut. 2014 soll es in Betrieb gehen.
Mit der neuen URENCO-Anlage in Capenhurst werden künftig Atomtransporte per Schiff zunehmen. Über welchen deutschen Hafen das ablaufen könnte, ist derzeit nicht bekannt.
Was ist abgereichertes Uran?
Das abgereicherte Uran ist sozusagen das Abfallprodukt der Anreicherung, wie sie in den Anlagen der URENCO in Gronau, Almelo, Capenhurst und Eunice erfolgt. Für den Betrieb von Atomkraftwerken muss der spaltbare Anteil von Uran 235 ca. fünf Prozent betragen. Natürliches Uran aber – wie es aus den Minen kommt – liegt nur bei einem Anteil von 0,7 – 1 Prozent. In dieser Konzentration könnte in den am häufigsten verwendeten Reaktortypen (Druck- und Siedewasser) keine stabile Kettenreaktion erzeugt werden. Für die Anreicherung in den Gaszentrifugen der URENCO wird das Uran zu dem leichtflüchtigen Uranhexafluorid UF6 umgewandelt und gasförmig in die Zylinder eingeschleust. Aufgrund der Rotation werden die unterschiedlich schweren Uranisotope getrennt und das Uran 235 nach und nach angereichert. Am Ende bleibt dann das abgereicherte UF6 mit einem Urananteil von 0,3 – 0,4 Uran 235 übrig.
Da UF6 ein überaus flüchtiger Stoff ist, stellt er für die längere Lagerung ein hohes Risiko dar. Weniger gefährlich ist es, dieses Uran in Form von UF6 in das U3O8 umzuwandeln; ein Uranpulver, das deutlich schwerer löslich ist und nicht wie UF6 auf Wasserstoff reagiert.
Trotz der großen Risiken lagern derzeit mehrere tausende Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid ungeschützt unter freiem Himmel auf dem Gelände der Uranfabrik in Gronau.
Bis 2009/2010 sind mehrere zehntausend Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid von Gronau nach Russland zur angeblichen weiteren Verwertung geschickt worden. Der größte Teil dieses Strahlenmülls lagert dort ungeschützt in rostenden Fässern unter freiem Himmel.