Bundesregierung will Fracking in Deutschland erlauben – Teil 4

Die weltweite Gas- und Ölindustrie hat eine vermeintliche Goldgrube entdeckt: Gas- und Ölgewinnung mittels Fracking. Während die Industrie auf kurzfristige Gewinne hofft, birgt Fracking für Mensch und Umwelt hohe Risiken. Die Bundesregierung schreckt das nicht. Sie hat ein offenes Ohr für die Fracking-Pläne der Konzerne. Entgegen ihrem Wahlversprechen kommt der von den Bundesministern Gabriel und Hendricks, beide SPD, vorgelegte Gesetzentwurf einem Fracking-Erlaubnisgesetz gleich. Dabei wehren sich weltweit immer mehr Menschen gegen Fracking. DIE LINKE ist Teil dieses Widerstands. In einer fünfteiligen Serie analysiert Hubertus Zdebel politische Folgen und Risiken des Förderverfahrens. Lesen Sie den vierten Teil.

Noch im Juli 2014 haben Bundesminister Gabriel und Hendricks „die strengsten Regeln, die es in diesem Bereich jemals gab“ angekündigt, als sie ihre Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung zur Förderung von Erdgas- und -öl mittels Fracking vorgestellt haben. Davon kann bei den nun vorliegenden Referentenentwürfen der Bundesregierung keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Änderungen, u.a. des Wasserhaushaltsgesetzes und der Verordnung zur Umweltverträglichkeitsprüfung, laufen in Wirklichkeit auf ein Fracking-Erlaubnisgesetz hinaus. So würde in Deutschland einer extrem risikoreichen und teuren Form der Gasförderung der Weg bereitet.

Angesichts der unvorhersehbaren Risiken für Mensch und Umwelt wird die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag gegen die Entwürfe stimmen und hat einen eigenen Antrag für ein ausnahmsloses gesetzliches Verbot von Fracking vorgelegt.

Fracking ist eine Gefahr für Mensch und Natur

Fracking ist mit immensen negativen Auswirkungen für Mensch und Umwelt verbunden. Besonders zu erwähnen seien an dieser Stelle:

  • die Verunreinigung des Grund- und Trinkwassers durch Chemikalien, Methan oder Lagerstättenwasser. Diese können durch Unfälle, natürliche oder künstlich geschaffene Wegsamkeiten im Untergrund sowie undichte Bohrlochabdichtungen und Zementummantelungen an die Oberfläche und in das Grundwasser gelangen. Dass „die Gefährdung der oberflächennahen Wasservorkommen“ nicht ausgeschlossen werden kann, bestätigen auch Studien des Umweltbundesamts und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen;
  • die ungeklärte und unfallträchtige Entsorgung des hochgiftigen Flowback aus Lagerstättenwasser und Frac-Flüssigkeit, der neben Chemikalien des Frack-Vorgangs häufig unter anderem radioaktive Isotope, Quecksilber und Benzol enthält;
  • unkontrollierbare und klimabelastende Methan-Austritte aus Bohrleitungen oder Rissen im gashaltendem Gestein;
  • die Gefahr von durch Fracking oder der Verpressung von Lagerstättenwasser in sogenannte Versenkbohrungen ausgelöste Beben;
  • die miserable Klimabilanz von Erdgas aus gefrackten unkonventionellen Lagerstätten, welche schlechter als die von Erdgas aus konventionellen Lagerstätten ist.

Angesichts dieser Risiken wäre es unverantwortlich, Fracking selbst unter Einsatz nicht-toxischer Frac-Flüssigkeiten und unter verschärften Auflagen zu erlauben.

Regierung agiert mit leeren Versprechen

Die Bundesregierung gibt vor, das geplante Fracking-Gesetz schütze das Trinkwasser. Das Gegenteil ist der Fall: 90 Prozent der deutschen Mineral- und Heilquellen wären bedroht. Darauf macht der Verband Deutscher Mineralbrunnen zurecht aufmerksam. Zwar soll Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb von 3000 Metern vorläufig untersagt werden. Doch das Gefahrenpotenzial für das Grundwasser ist unterhalb von 3000 Metern nicht geringer als oberhalb.

Überdies kann die zuständige Landesbehörde Fracking auch oberhalb von 3000 Metern Tiefe zulassen, wenn eine sechsköpfige Kommission dies mehrheitlich als unbedenklich einstuft. Diese Expertenkommission hat eine deutliche personelle Schlagseite zu Gunsten der Fracking-Befürworter. Die Zivilgesellschaft ist nicht vertreten. Kritische Aspekte einzubringen, wird so bereits durch die Zusammensetzung der Kommission weitgehend unterbunden.

Vergleiche mit Wohnbebauungsabstandsregelungen aus den USA und Australien zeigen zudem, dass die geplanten deutschen Bestimmungen weit hinter diesen zurückbleiben. Während dort Abstände von mehreren hundert Metern bis 2.000 Metern festgelegt sind, sehen die Referentenentwürfe der Bundesregierung keine Mindestabstände vor.

Die Behauptung also, bei der deutschen Fracking-Gesetzgebung würde es sich um „die strengsten Regeln, die es in diesem Bereich jemals gab“ handeln, steht in deutlichem Widerspruch zur Realität, selbst wenn man Fracking-Verbote wie in Frankreich ausnimmt. Tatsächlich wurde den Gaskonzernen eine kommerzielle Ausbeutung von Fracking-Gasvorkommen bereits ab Juli 2018 in Aussicht gestellt.

Nur die Energiekonzerne gewinnen

Nach der gegenwärtigen Vergabepraxis der Lizenzgebiete in Deutschland wären die großen Energiekonzerne wie ExxonMobil, Wintershall und GdF-Suez die einzigen wirklichen kurzfristigen Profiteure. Sie haben einen neuen Wettlauf um Schiefergas ausgerufen und bereits ganze Regionen unter sich aufgeteilt. Hinzu kommen Firmen mit einer zweifelhaften finanziellen Ausstattung, die im Schadensfall die extrem aufwändige Sanierung von Umweltschäden nicht sicherstellen können.

Ein öffentliches wirtschaftliches und energiepolitisches Interesse an der Gewinnung von unkonventionellen Gasvorkommen in Deutschland ist dementgegen nicht zu erkennen. Dies bestätigt auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Bericht: „Es besteht (…) kein besonderes übergeordnetes öffentliches Interesse an der Erschließung dieses Energieträgers, möglicherweise aber ein betriebswirtschaftliches Interesse der Industrie.“

Die Gasvorkommen in Deutschland sind im internationalen Vergleich gering. Selbst eine umfassende Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas könnten höchstens 2-3 Prozent des Gasbedarfs in Deutschland decken. Dieser Anteil der Energieversorgung kann problemlos in wenigen Jahren durch einen Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien ersetzt werden. Statt die Gasförderung weiter zu intensivieren, brauchen wir nachhaltige Lösungen für unseren Energiebedarf.

Hubertus Zdebel, linksfraktion.de, 2. Februar 2015

Fortsetzung folgt. Lesen Sie auch die vorhergehenden Teile der Serie:

Dse4Zdebel

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