Atomkonzerne müssen zahlen: LINKE stellt Antrag zur Fortsetzung der Uransteuer
Auf Initiative des Bundestagsabgeordneten Hubertus Zdebel fordert die Fraktion DIE LINKE jetzt in einem Antrag die Verlängerung der Uran-Brennelemente-Steuer über das Jahr 2016 hinaus. „Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist diese ökonomisch und ökologisch richtige und zielführende Uran-Steuer von der schwarz-roten Bundesregierung bis Ende 2016 befristet worden. Wir setzen uns für eine Verlängerung dieser Steuer ein. Wer sie nicht zahlen will, kann die Atomkraftwerke früher abschalten“, sagte der für Atomausstieg zuständige Sprecher der Bundestagsfraktion.
- Der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke ‒ Die Brennelementesteuer muss bleiben“ ist hier als Drucksache 18/9124 online (PDF) und unten im Wortlaut:
Rund fünf Milliarden Euro könnte der Verzicht auf diese Steuer den Atomkonzernen einbringen. Die Steuer fällt beim Einsatz von Brennelementen in den Atomkraftwerken an. Erst Ende 2021/22 sollen die letzten sechs Atommeiler endgültig abgeschaltet werden.
Zdebel weiter: „Schon jetzt droht, dass die Atomkonzerne sich aus der Verantwortung für die wachsenden Kosten der Atommüllentsorgung aus dem Staub machen und die Risiken bei den Bürgerinnen und Bürger verbleiben sollen. Nach der Sommerpause wird sich der Bundestag mit den entsprechenden Vorschlägen auf Basis der Empfehlungen der „Kommission Finanzierung Kernenergieausstieg“ (KFK) befassen. Für eine Politik der Umverteilung zu Lasten der Bürger sind wir nicht zu haben. Die Atomkonzerne hatten die Gewinne, nun müssen sie auch für die Kosten in vollen Umfang Verantwortung übernehmen. Dazu gehört auch die Besteuerung der Brennelemente in Atommeilern.“
Der Antrag im Wortlaut:
Keine Steuerbefreiung für Atomkraftwerke: Die Brennelementesteuer muss bleiben
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Im Jahr 2010 beschloss die Bundesregierung, den Brennstoff der Atomkraftwerke (AKW), also Uran oder Plutonium, bis zum Ablauf des Jahres 2016 zu besteuern. Auch die CDU/CSU betonte damals, die Steuer sei „aus ökonomischen wie ökologischen Gründen richtig und zielführend.“ (Plenarprotokoll 17/55). Es handele sich um einen Subventionsabbau mit dem Ziel, die direkte Bevorzugung der Atomindustrie zu beenden. Gründe, warum diese sinnvolle Steuer seinerzeit befristet wurde, wurden nicht genannt. Die SPD hatte bereits in ihrem Wahlprogramm von 2013 gefordert, die Steuer über 2016 hinaus zu erheben und sogar eine Erhöhung angemahnt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach sich im letzten Jahr nach dem EuGH-Urteil ebenfalls erneut für eine Entfristung aus.
Für die Befristung der Brennelementesteuer gibt es keine plausiblen Gründe. Durchschnittlich etwa 144 Millionen Euro fallen pro Reaktor und Jahr an. Geht man von den Laufzeiten aus, die das derzeit gültige Atomgesetz den acht noch laufenden Atomkraftwerken zugesteht, macht das insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro, welche die AKW-Betreiber durch die Abschaffung der Steuer einbehalten dürften.
Als Reaktion auf Klagen der Atomkonzerne bestätigten Gerichte, dass die Steuer rechtmäßig sei. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte in einer Vorabentscheidungsvorlage vom 4.Juni 2015, Az: C 5/14) im Sinne des deutschen Gesetzgebers und kam zu dem Ergebnis, dass es sich weder um eine unzulässige Strom- noch um eine unzulässige Verbrauchssteuer handele. Auch stelle die Brennelementesteuer keinen Verstoß gegen die EU-Energierichtlinie sowie das EU-Wettbewerbsrecht dar. Eine Ungleichbehandlung der Atomkraft gegenüber anderen Formen der Energieerzeugung sei zudem gerechtfertigt, da hier Jahrtausende lang strahlender Atommüll anfalle, dessen dauerhaft sichere Lagerung in der Zukunft mit hohen Kosten für die Allgemeinheit verbunden ist. Bereits zuvor hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg die Klage der Atomkonzerne mit Beschlüssen vom 11. Januar; Az. 11 V 2661/11 und 11 V 4024/11, zurückgewiesen und entschieden, dass keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Steuer bestehen.
Demgegenüber spricht sich aber die Atom-Finanzkommission (KFK) in ihrer Empfehlung vom 27. April 2016 dafür aus, die Energieunternehmen gegen Zahlung eines einmaligen „Risikoaufschlags“ von 6,14 Milliarden Euro aus der Haftung für künftige Kostensteigerungen bei der Atommülllagerung zu entlassen. Damit wird das Verursacherprinzip in diesem Bereich aufgegeben. Während heute offiziell die gesamten Kosten auf ca. 48 Mrd. Euro geschätzt werden, kommen andere bereits zu Kostenschätzungen um ca. 70 Mrd. Euro (vgl. Studie „Atomrückstellungen für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung“ des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft von Oktober 2014). Die Brennelementesteuer wiederum würde bis 2022 noch weitere staatliche Einnahmen von zusätzlich ca. fünf Milliarden Euro erbringen. Wird sie abgeschafft, wird den Energiekonzernen also fast der gesamte Risikoaufschlag als Steuergeschenk wieder zurückgegeben. Auf diese Weise entfiele die einzige Gegenleistung für die Enthaftung.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Kernbrennstoffsteuergesetzes vorzulegen, durch den die bislang geltende Befristung der Brennelementesteuer bis Ende 2016 aufgehoben und statt dessen die Erhebung der Brennelementesteuer bis zum Ende der im Atomgesetz festgelegten Restbetriebsdauer der jeweiligen Atomkraftwerke verlängert wird.
Berlin, den 6.7.2016
Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion