Grüner Antrag auf der Bundesdelegiertenkonferenz: Uranfabriken abschalten – Keine Beteiligung von Russland bei Uranfabrik in Lingen

Grüner Antrag auf der Bundesdelegiertenkonferenz: Uranfabriken abschalten – Keine Beteiligung von Russland bei Uranfabrik in Lingen

Die Beteiligung des russischen Atomkonzerns Rosatome an der Uranbrennelementefabrik im emsländischen Lingen ist Thema auf der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90 / Die Grünen Mitte November 2024 in Mainz, jedenfalls liegt ein Antrag zu dem Thema vor. Der Antrag „V-65: Atomausstieg vollenden, die Fabriken in Gronau und Lingen schließen, Ende der Atom-Zusammenarbeit mit russischen Nuklearunternehmen“ steht also auf der Agenda. Am Wochenende demonstrierten Atomkraftgegner:innen in Lingen gegen die Pläne zum Ausbau der Uranfabrik. Am 20. November beginnt im Rahmen des laufenden Genehmigungsverfahrens für die Produktionserweiterung der Uranfabrik in Lingen mit russischer Unterstützung der Erörterungstermin, auf dem die 11.000 Einsprüche von der Genehmigungsbehörde gehört werden. Antragsteller und Einwenderinnen „disktutieren“ die Risiken und Probleme, die mit der geplanten Herstellung von Uranbrennstoff VVER für Reaktoren russischer Bauart vorgesehen sind.

Der Antrag aus dem Grünen Portal ist gleich hier als Dokumenation unten zu lesen. Dringend würde ich anraten, einen Änderungsantrag zu verfassen. Das Anliegen, Stilllegung der Uranfabriken, Atomausstieg in Europa und keine Geschäfte mit Russland, auch nicht beim Atom, sind korrekt. Aber den Begründungen fehlt manchmal doch ein wenig die Stimmigkeit. Aber vermutlich wird an einer Änderung gearbeitet.

Dokumentation:

 

Diese Tabelle beschreibt den Status, die Antragstellerin und verschiedene Rahmendaten zum Antrag
Veranstaltung: 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden
Tagesordnungspunkt: V Verschiedenes
Antragsteller*in: Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)

Status: Eingereicht
Eingereicht: 04.10.2024, 00:01

Antragstext

Die BDK von Bündnis 90/Die Grünen fordert die Umsetzung der vorliegenden
atomrechtlichen Maßnahmen zur Stilllegung der Atomfabriken in Gronau und Lingen
durch folgende Maßnahmen:

  • Unter der Führung der grünen Ministerien auf Bundes- und Landesebene wird
    es keine Beihilfe zum Betrieb von Atomkraftwerken mit Brennstoff „Made in
    Germany“ geben. Entgegen allen Behauptungen ist die Energiesicherheit in
    Osteuropa davon nicht abhängig.
  • Neue Geschäftsfelder der Atomenergie verlängern und vergrößern die
    nuklearen Risiken bis hin zum Super-GAU sowie den anfallenden Atommüll.
    Die BDK fordert, umgehend jegliche direkte und indirekte Zusammenarbeit
    mit dem russischen Staatskonzern Rosatom, dem russischen
    N
    uklearunternehmen MSZ (Maschinenbauwerk ELEMASH), Teil der TVEL-Gruppe
    und allen anderen russischen Firmen oder Staatsorganen im Bereich der
    Nukleartechnik zu beenden.
  • Die BDK fordert die zuständigen Ministerien und die Bundesregierung auf,
    der Firma Framatome ANF die Genehmigung für eine Umstellung auf Fertigung
    von hexagonalen Brennelementen zu versagen.

Deutschland und Europa müssen die umweltschädliche und in der Entsorgungsfrage
völlig ungeklärte Atomenergie beenden. Atomgefahren global abschalten – die
Zukunft ist erneuerbar!

Begründung

Die Advanced Nuclear Fuel GmbH (ANF), Tochterfirma des französischen Unternehmens Framatome, plant in ihrer Brennelemente-Fertigungsanlage in Lingen die Umstellung auf hexagonale Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart. Dazu wurde ein Gemeinschaftsunternehmen mit TVEL, einer Tochterfirma des russischen Atomkonzerns Rosatom, gegründet.[1]

Für die Umstellung zur Fertigung von hexagonalen Brennelementen braucht es in Deutschland eine Genehmigung nach § 7 Abs. 1 des Atomgesetzes (AtG). Den Antrag auf Erteilung dieser Genehmigung hat Framatome bereits 2022 gestellt. Das Genehmigungsverfahren ist seitens des zuständigen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz des Landes Niedersachsen noch nicht abgeschlossen.

Dennoch befinden sich seit April 2024 offenbar erste TVEL-Mitarbeitende vor Ort in Lingen, um dort an Testanlagen außerhalb des Betriebsgeländes Geräte zu testen und Schulungen durchzuführen.

Der Einstieg von Rosatom/TVEL in die Brennelementefabrik in Lingen stellt ein enormes Gefährdungspotenzial für die innere wie äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar, zumal nicht sichergestellt ist, dass die deutschen Behörden sicherheitsrelevante Spionageaktivitäten im Bereich des Kernbrennstoffkreislaufs unterbinden können. Das aktuelle Verhalten der Betreiber gibt allen Anlass, an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln. Bereits 2017 kamen zwei Gutachten zu dem Schluss, dass es möglich sei, die Anlage rechtssicher zu schließen.

Die angeblich „nicht ersetzbaren“ Brennelemente für die osteuropäischen AKWs sind mittlerweile durch Brennelemente von Westinghouse/USA ersetzbar, diese werden bereits geliefert.

Gerade auch mit Blick auf den völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine stellt ein Einstieg von TVEL in Lingen aus unserer Sicht eine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar – was zu verhindern gerade eines der Ziele des Atomgesetzes ist (§ 1 Abs. 3). Zu diesem Schluss kommt auch ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz . Laut diesem Gutachten kann zudem aus § 7 Abs. 2 des Atomgesetzes ein sogenanntes Versagungsermessen der Genehmigungsbehörde abgeleitet werden.

Hintergrund dieser Forderungen sind:

  • Grundsätzlich – und unabhängig von der aktuellen Entscheidungsfindung – muss ein vollständiger Atomausstieg in Deutschland auch die Schließung der Brennelementefabrik in Lingen wie auch der Urananreicherungsanlage in Gronau umfassen.
  • MSZ ist ein Tochterunternehmen von TVEL (Rosatom -Gruppe) und produziert reines Uran zur Verwendung in Atomwaffen sowie auch Brennelemente für Kernkraftwerke. Rosatom wiederum ist eine staatliche Atombehörde, welche sowohl den zivilen als auch den militärischen Atomsektor Russlands bündelt. Ein Drittel der Mitarbeitenden von Rosatom arbeitet im militärischen Bereich, u.a. in der Herstellung und Wartung von Atomwaffen.
    Rosatom ist zudem unmittelbar an der Besetzung des ukrainisches AKW Saporischschja beteiligt. Die Behörde ist direkt dem Kreml unterstellt, die Gewinne fließen in den russischen Staatshaushalt. Die Ausnahme des russischen Atomsektors aus dem Sanktionsregime ist nicht nachvollziehbar.
  • Die Föderale Agentur für Atomenergie Russlands (russisch Федеральное агентство по атомной энергии России Federalnoje agentstwo po atomnoi energii Rossii), kurz auch (russisch Росатом Rosatom), oder auch englisch State Atomic Energy Corporation Rosatom, ist eine föderale Behörde Russlands. Sie leitet die zivile und militärische Atomindustrie des Landes und kontrolliert 450 Produktions- und Forschungsstätten des atomaren Bereiches mit über 350.000 Mitarbeitern. Sie hat ihren Sitz in der Hauptstadt Moskau. Rosatom untersteht direkt der russischen Regierung. Viele der Reaktoren werden über russische Staatsbanken finanziert. Russland schafft so gezielt jahrzehntelange Abhängigkeiten, die politisch genutzt werden. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Beteiligung von TVEL in Lingen abzulehnen.
  • Auch wenn eine Brennelementefertigungsanlage keine kritische Infrastruktur ist, fällt diese Anlage dennoch unter den Anwendungsbereich der europäischen Dual-Use-Verordnung. Gleiches gilt für das Gemeinschaftsunternehmen.
  • Russische Arbeitnehmer*innen sind vor Ort in Lingen bzw. werden sogar auf dem Betriebsgelände und in der Anlage selbst sein. Dadurch kann das Risiko von Einflussnahme und die Gefahr von Spionage nicht ausgeschlossen werden. Auch wird nicht zu verhindern sein, dass russische Mitarbeiter Infos über zu beliefernde AKWs in Osteuropa und anderswo zugänglich werden können.
    Aus unserer Sicht ist ein solcher Einfluss auf die Brennelementefertigung und damit den Brennstoffkreislauf selbst ein Risiko nuklearspezifischer Natur gemäß § 1 Nr. 2 des Atomgesetzes . Derartige Risiken erhöhen sich auch mittelbar noch dadurch, dass einem ausländischen Staatskonzern rechtliche und faktische Zugriffsmöglichkeiten auf sensible Infrastruktur eingeräumt werden.
  • Jurist*innen bewerten die aktuellen Aktivitäten des russischen Staatskonzerns Rosatom und des Fabrikbetreibers Framatome ANF, mittels Tests und Schulungen und so „geschaffener Fakten“ den Ausbau und Russlands Einstieg schon vor der Genehmigungserteilung voranzutreiben, „als ungenehmigten vorgezogenen Ausbau“ und damit illegal. Langfristige und teure Rechtsverfahren mit völlig ungewissem Ausgang drohen.

Weitere Quellen und Nachweise:

[1] Das Unternehmen namens „European.Hexagonal.Fuels S.A.S“ hat seinen Sitz in Lyon, Frankreich. TVEL hält 25 Prozent an diesem Unternehmen. Eine Außenstelle des Gemeinschaftsunternehmen ist in Lingen ansässig.

weitere Antragsteller*innen

Insgesamt 78 Unterstützer*innen.

  • Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
  • Carsten Hammer (KV Hannover)
  • Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
  • Anna Katharina Boertz (KV Celle)
  • David Baltzer (KV Berlin-Kreisfrei)
  • Matthias Striebich (KV Forchheim)
  • Thomas Wolff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
  • Bernd Frieboese (KV Berlin-Reinickendorf)
  • Martina Pellny (KV Emsland)
  • Ulrich Gundert (KV Reutlingen)
  • Andreas Kleist (KV Coburg-Land)
  • Andreas Knoblauch (KV Salzgitter)
  • Sigrid Pomaska-Brand (KV Märkischer Kreis)
  • Krystyna Grendus (KV Vorpommern-Greifswald)
  • Andreas Müller (KV Essen)
  • Kathrin Weber (KV Bielefeld)
  • Heiner Rehnen (KV Emsland)
  • Ralph Pies (KV Offenbach-Land)
  • Jens Pommer (KV Düsseldorf)
  • Hans-Jürgen Iske (KV Ammerland)
  • Torsten Schönebaum (KV Ammerland)
  • Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
  • Janine Ivancic (KV Aachen)
  • Nicole Rudner (KV Berlin-Kreisfrei)
  • Wolf-Christian Bleek (KV Starnberg)
  • Jens Lohmeyer (KV Ammerland)
  • Armin Gabler (KV Karlsruhe-Land)
  • Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
  • Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
  • Linus Sage (KV Hamburg-Harburg)
  • Christian Masser (KV Südliche Weinstraße)
  • Anna Hanses (KV Emsland)
  • Angelika Aigner (KV Traunstein)
  • Andreas Fladung (KV Südliche Weinstraße)
  • Carina Hennecke (KV Rendsburg-Eckernförde)
  • Hans Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
  • Christian Gelbke (KV Düsseldorf)
  • Michael Rieken (KV Emsland)
  • Kerstin Wilde (KV Leipzig)
  • Christian Wahrheit (KV Leer/Ostfriesland)
  • Marcel Müller (KV Emsland)
  • Nina Nakonetzki (KV Emsland)
  • Ali Demirhan (KV Herzogtum Lauenburg)
  • Bernhard Müller (KV Berlin-Reinickendorf)
  • Klaus Bieber (KV Borken)
  • Sandra Tieben (KV Emsland)
  • Ilka Sander-Maas (KV Münster)
  • Reinhard Prüllage (KV Grafschaft Bentheim)
  • Hendrik Osthues (KV Coesfeld)
  • Nelli Foumba Soumaoro (KV Hamm)
  • Walter Zuber (KV Aurich-Norden)
  • Martin Hoek (KV Münster)
  • Tim Lautner (KV Münster)
  • Norbert Fleige (KV Hamburg-Bergedorf)
  • Christiane Heider (KV Berlin-Reinickendorf)
  • Irmgard Pehle (KV Herford)
  • Jana Gerlach (KV Berlin-Reinickendorf)
  • Clara-Sophie Schrader (KV Berlin-Pankow)
  • Hugo Gisi Klement (KV Berlin-Reinickendorf)
  • Jan-Peter Homann (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
  • Gerlinde Stein (KV Steinfurt)
  • Kajo Aicher (KV Bodenseekreis)
  • Zohra Mojadeddi (KV Hamburg-Wandsbek)
  • Thomas Reimeier (KV Lippe)
  • Brigitte Artmann (KV Wunsiedel)
  • Matthias Henneberger (KV Wunsiedel)
  • Wolfgang Alfers (KV Steinfurt)
  • Jutta Paulus (KV Neustadt-Weinstraße)
  • Ralf Henze (KV Odenwald-Kraichgau)
  • Delphine Scheel (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
  • Claudia Meinert (KV Emsland)
  • Arno Schelle (KV Northeim/Einbeck)
  • Hardy Trautwein (KV Borken)
  • Susanne Trautwein-Köhler (KV Borken)
  • Inge Pütz-Nobis (KV Forchheim)
  • Peter Wolf (KV Borken)
  • Wolfgang Fontein (KV Steinfurt)
  • Gudrun Kundt-Bergmann (KV Ammerland)

Änderungsanträge

keine

 

 

Dirk Seifert

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