Britische Regierung leitet Verkauf der Urenco ein
Das britische Energieministerium, das Department of Energy and Climate Change (DECC), hat vor wenigen Tagen mitgeteilt, einen nächsten Schritt bei dem lange angekündigten Verkauf seiner Anteile an der URENCO zu unternehmen.
An der Urenco halten jeweils Großbritannien, die Niederlande und zwei deutsche Unternehmen (E.on und RWE) je ein Drittel der Anteile. Mit Anlagen in Gronau, Capenhurst und Almelo sowie in Eunice, New Mexico (USA) betreibt die Urenco die Anreicherung von Uran. Daraus werden Brennelemente für den Einsatz in Atomreaktoren hergestellt. Die Urenco hält derzeit einen weltweiten Marktanteil von rund 30 Prozent.
Innerhalb den nächsten fünf bis sechs Wochen soll ein Finanzberater gefunden werden, der für die britische Regierung die dazu erforderlichen Verkaufs-Gespräche und Verhandlungen führen soll. Dies geht aus einer Meldung von world nucleas news hervor. Finanzberater und Banken können sich in dieser Frist bei der Regierung bewerben, um den Auftrag zu bekommen, diesen Deal durchzuführen.
Die britische Regierung rechnet Medienberichten (Telegraph) zu Folge mit einem Erlös von ca. drei Milliarden Pfund bzw. rund 2,35 Milliarden Euro. Im Gespräch sind derzeit Goldman Sachs, Rothschild, JP Morgan und UBS.
Den Angaben des Telegraphs zu Folge könnte es zu gravierenden Veränderungen bei der Eigentümerstruktur von Urenco kommen. Denn nicht nur Großbritannien will sich von den Urenco-Anteilen treffen, sondern auch die deutschen Atomkonzerne E.on und RWE haben nach der Atomkatastrophe von Fukushima angekündigt, aus der Urenco aussteigen zu wollen. Laut dem Telegraph haben E.on und RWE offenbar die Bank of America Merrill Lynch eingeschaltet. Die niederländsiche Regierung soll der Credit Suisse einen entsprechenden Auftrag erteilt haben.
Sofern diese Angaben zutreffend sind, müsste inzwischen auch die deutsche Bundesregierung an den Vorgängen beteiligt sein. Noch Ende 2011 hat sie in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mitgeteilt, dass sie über die Absichten von RWE und E.on zum Verkauf ihrer Anteile keine Kenntnis habe.
Die Bundesregierung müsste bei einem Verkauf von Urenco-Anteil egal von welcher Seite in jedem Fall beteiligt werden. Denn die URENCO ist im Rahmen eines Staatsvertrages gegründet worden, dem so genannten Vertrag von Almelo (1979/71). Der Vertrag regelt einerseits, dass die drei Staaten Deutschland, Niederlande und Großbritannien auf dem Gebiet der Urananreicherung per Gaszentrifugentechnik zusammen arbeiten wollen und diese Technik sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung als auch bei der Anreicherung selbst fördern wollen. Außerdem verpflichten sich die drei Staaten, dass im Rahmen dieser Aktivitäten keine Urananreicherung erfolgen darf, die für Uranwaffen eingesetzt werden darf. Auf Basis dieses internationalen Vertrages ist dann die Urenco gegründet worden.
Mit zwei weiteren solcher Verträgen sind seitdem die Geschäftsfelder der Urenco ausgeweitet worden. Einmal mit dem Vertrag von Washington (1992) mit den USA, der Mitte der 2000 Jahre der Urenco ermöglichte, eine Uranfabrik in den USA zu errichten und zu betreiben.
Außerdem trat im Juni 2006 der Vertrag von Cardiff in Kraft, mit dem die drei URENCO-Staaten einen Zusammenarbeit mit Frankreich bei der Forschung und Entwicklung der Gaszentrifugentechnik zur Uran-Anreicherung besiegelten. Dies führte zu einer Beteiligung des französischen Atomkonzerns Areva an der Enrichment Technology Company (ETC), die seitdem zu je 50 Prozent von URENCO und AREVA betrieben wird.
Frankreich bzw. die AREVA hat damit zugang zur gegenüber anderen Urananreicherungstechnik erheblich kostengünstigeren Gaszentrifugentechnik erhalten und im Anschluss an der Beteiligung bei der ETC einen Auftrag zum Bau einer neuen Anreicherungsanlage am Standort Tricastin erteilt.
In 2011 und Anfang 2012 berichteten Medien darüber, dass einerseits der russische Atomkonzern Rosatom und andererseits die Areva interesse bekundet hatten, die RWE/E.on Anteile an der Urenco zu übernehmen. Die war aber anschließend jeweils dementiert worden.
Dirk Seifert, 18. Juli 2012