Volksentscheid Hamburg: Bürgermeister Olaf Scholz im Welt-Interview: „Es ist so, dass man mit Energienetzen Geld verdienen kann.“

Logo_UHUN_balken_cmykDie Widersprüche in der Argumentation der SPD gegen den in Hamburg anstehenden Volksentscheid für die vollständige Rekommunalisierung der Energienetze von Vattenfall und E.on werden sichtbarer. Dafür sorgt auch ein Interview mit dem SPD-Bürgermeister Olaf Scholz von Jens Meyer-Wellmann in der Welt.

Die SPD versucht die Volksentscheids-Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ seit Monaten damit zu diskreditieren, dass man mit den Netzen nichts anfangen könne (nur Rohre und Leitungen) und die Stadt an den finanziellen Abgrund bringe. Außerdem, so die SPD sei das Netzgeschäft wirtschaftlich viel zu riskant. Doch immer mehr wundern sich offenbar auch die Medien in der Stadt, mit welch gewaltigem Aufwand Vattenfall, die SPD und zahlreiche Wirtschaftsverbände gegen den Volksentscheid mobil machen.

Scholz versucht immer wieder, die Debatte um den Volksentscheid als Sachfrage darzustellen, auch in diesem Interview. Allerdings: Immer mehr wird auch den Medien und Journalisten klar, dass es eher um eine Machtfrage geht.

So wird Scholz denn auch in dem Welt-Interview gefragt: „Wenn das alles so riskant ist: Warum kämpfen Vattenfall und E.on so sehr darum, die Netze behalten zu dürfen?“ Die Frage bringt den Bürgermeister in Verlegenheit, denn er antwortet zunächst: „Es ist so, dass man mit Energienetzen Geld verdienen kann.“ Ein Satz!

Aber dieses Thema mag der Bürgermeister gar nicht, denn es durchkreuzt die Strategie der SPD-Führung, die sich von Anfang an gegen den Volksentscheid festgelegt hatte. Also spricht der Bürgermeister im folgenden wieder von Rohren, Kabel und Risiken und versteift sich dabei sogar zu der Aussage, dass im Grunde nur Vattenfall und E.on Energienetze betreiben könnten: „Richtig ist aber auch, dass es vielen nicht gelingt (Gewinne zu machen). Es ist plausibel, dass Unternehmen, die über viele Jahre die Expertise und das Know-how entwickelt haben, sich den Netzbetrieb zutrauen. Die Gewinne hängen ja von der Effizienz des Netzbetriebs ab.“

Siehe auch: Vattenfall und der Volksentscheid: “Die Netze als rettender Anker”.

Offensichtlich unangenehm sind dem Bürgermeister Scholz auch die Fragen, inwieweit Vattenfall denn als Partner für die Energiewende in Frage komme, nach dem der Konzern Deutschland wegen Schadensersatz für seine maroden Atomkraftwerke verklagt hat, die Energiewende den Geschäftsinteressen von Vattenfall zuwider laufe und der Konzern sich sogar aus Deutschland zurückziehen könnte.

Scholz lamentiert, man wolle ja keine Freundschaft schließen, nicht heiraten, verfolge aber gemeinsame Interessen, sagt aber nicht welche. Ihm fällt lediglich ein, dass Vattenfall und E.on Expertise beim Netzbetrieb hätten.

Interessant ist dann folgendes: Scholz meint: „Bleiben wir mal logisch. Zu konstatieren: „Die wollen unbedingt das Stromnetz behalten“ und gleichzeitig sagen: „Die wollen sowieso gehen“, das passt doch nicht zusammen.“

Darauf verweist Meyer-Wellmann: „Doch. Weil man das Deutschlandgeschäft womöglich viel besser verkaufen könnte, wenn das Unternehmen wieder die wertvolle Konzession für die Hamburger Netze besitzt.“ (Immerhin spricht selbst Vattenfall von „existenzieller Krise“, siehe unten)

Und dann kommt es von Scholz fast kleinlaut: „Uns wurde gesagt, dass man Partner in Hamburg bleiben will.“ Was für ein Satz, aus dem Mund des Bürgermeisters! Daher setzt er auch gleich nach: „Für den Fall, dass es doch Veränderungen geben sollte, wäre das auch kein Problem. Wir haben uns alle notwendigen Rechte vertraglich gesichert, die uns Handlungsfreiheiten sichern. Es gibt dazu mehrere Klauseln in den Verträgen, die wir mit Vattenfall und E.on geschlossen haben.“

Das ist nicht gerade eine klare Ansage, sondern macht deutlich, wie wenig selbst Scholz an die Zusagen des Partners Vattenfall glauben mag.

Außerdem: Volksentscheid Energienetze Hamburg – Ein Faktencheck der “Welt”

Weitere Texte auf umweltfairaendern.de zu Vattenfall und den Energienetzen:

Dirk Seifert

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