BürgerEnergie und das Stromnetz in Berlin: Vattenfall wird bevorteilt
Trotz verlorenem Volksentscheid: In Berlin könnte es weiter „Tschüss Vattenfall“ heißen und zu einer Bürgerbeteiligung beim Stromnetz kommen. Denn die BürgerEnergie Berlin hat sich als Partner der Stadt Berlin für die Konzession um das Stromnetz beworben. Außerdem prüft die Bürger-Genossenschaft offenbar, sich ebenfalls als Partner der Stadt am Gasnetz zu beteiligen, sollte Berlin die Konzession dafür erhalten. Die Genossenschaft kritisiert aber das laufende Bewerbungsverfahren, weil es den Netzeigentümer Vattenfall bevorteile. Auch in Hamburg bewirbt sich eine Genossenschaft um Teilhabe am Stromnetz.
In einem Interview auf Telepolis teilt Luise Neumann-Cosel, eine der GeschäftsführerInnen der Genossenschaft zum Stand des Verfahrens mit: „Mittlerweile ist der erste Verfahrensbrief beantwortet, das ist sozusagen der erste Eignungsnachweis. Alle Bewerber mussten dem Land Berlin nachweisen, dass sie grundsätzlich technisch, wirtschaftlich und finanziell in der Lage sind, dieses Stromnetz zu betreiben. Diesen Test haben wir bestanden. Wir warten jetzt auf den zweiten Verfahrensbrief, der Anfang des nächsten Jahres kommen soll. Dann müssen die fünf Bewerber Farbe bekennen und genauer skizzieren, wie sie sich das vorstellen mit dem Stromnetzbetrieb, auch was Bürgerbeteiligung und die Einbindung erneuerbarer Energien angeht. Es geht also um ein innovatives Betriebskonzept. Nach dieser Angebotsrunde gibt es dann die ersten Gespräche zwischen dem Berliner Senat und den Bietern. Dann wird es zum ersten Mal richtig interessant.“
Die BürgerEnergie-Genossenschaft kritisiert laut Telepolis das laufende Bewerbungsverfahren, weil es den Stromnetzeigentümer Vattenfall bevorteile. Hartmut Gaßner, Rechtsanwalt und Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft soll die Verfahrenskriterien als „Wettbewerbsverzerrung“ und „Nonsens“ bezeichnet haben.
Neumann-Cosel erläutert in dem Interview, dass ein Problem im Verfahren sei, „dass die Vergabestelle im Prinzip davon ausgeht, dass ein neuer Netzbetreiber auf der grünen Wiese ein Netz aufbauen muss. Dem ist ja nicht so: Hier gibt es ein funktionierendes Netz“, so Neumann-Cosel. Über den tatsächlichen Netzbetrieb gibt es daher für die neuen Bewerber „sehr viel weniger Informationen über den jetzigen Netzbetrieb“. Das würde das „Verfahren sehr ungleich“ machen. Also Vattenfall bevorteilen. Das ganze Interview weiterlesen auf Telepolis …
Auch in Hamburg will sich eine Bürger-Energienetz-Genossenschaft für das dortige Stromnetz bewerben. Dort hat der Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ erfolgreich durchgesetzt, dass sich die SPD-geführte Stadt um die Energienetze für Strom, Gas und Wärme bewerben muss. 100 Prozent, so der Volksentscheid, sollen wieder in die öffentliche Hand. Damit muss das Eigentum an den Netzen also vollständig in die Hand der Stadt. Aber Möglichkeiten einer Beteiligung beim Betrieb der Netze sind damit nicht ausgeschlossen.