Nach dem Atomgesetz werden die Atomkraftwerke bis 2022 abgeschaltet. Was bleibt, ist der über Jahre angesammelte radioaktive Müll. Wohin damit? Diese Frage wird uns und die kommenden Generationen noch lange beschäftigen. Grund genug für eine große gesellschaftliche Debatte. Am Freitag und Samstag, 28. – 29. März 2014, findet in Berlin im Umweltforum Auferstehungskirche dazu eine Tagung von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen unter der Federführung des Deutschen Naturschutzrings (DNR) statt.
Im vergangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag das Standortauswahlgesetz verabschiedet. Eine „Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe“ soll die Suche für ein „Endlager“ begleiten. Umweltverbände und Bürgerinitiativen beraten momentan, ob und unter welchen Bedingungen sie bereit sind, in dieser Kommission mitzuwirken.
Wie auch immer eine solche Mitwirkung aussehen könnte: Eine Kommission genügt nicht. Ohne eine öffentliche Debatte über den Umgang mit der strahlenden Hinterlassenschaft einer verfehlten Energiepolitik wird es keine dauerhafte Lösung geben können.
Dazu wird unsere Tagung wichtige Impulse geben. Sie wird die akuten Gefahren des Atommülls – und zwar nicht nur des hochradioaktiven – aufzeigen und Raum für Debatten über den Umgang damit bieten. Die positiven und negativen Erfahrungen beim Suchverfahren für Tiefenlager von Atommüll in der Schweiz sollen ebenso Berücksichtigung finden, wie Vorschläge für eine verständigungsorientierte und demokratische Atommüllpolitik und den damit verbundenen Strukturen.
Programm
Freitag, 28.3.14
- 19:00 h – Eröffnung und Einführung
Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR)
- 19:15 h – Podiumsdiskussion
Atommüll-Kommission und die Beteiligung der Umweltverbände und Bürgerinitiativen
Moderation: Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Umweltstiftung
Teilnehmende: Jochen Stay, .ausgestrahlt; Thomas Breuer, Greenpeace; Martin Donat, BI Lüchow-Dannenberg; Jochen Flasbarth, Staatssekretär, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB); Dr. Simone Peter, Vorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sachverständiger Gast aus dem Publikum: Reinhard Ueberhorst, Beratungsbüro für diskursive Projektarbeiten und Planungsstudien, Vorsitzender der 1. energiepolitischen Enquete-Kommission (1979/80)
Samstag, 29.3.14
- 10:00 h – Vorstellung des Tagesprogramms
Jörg Sommer, Moderation
Vorträge
- 10:15 h – „Ist das unser Müll?“ Rolle eines Umweltverbandes beim Konflikt um die Endlagerung von Atommüll
Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
- 10:45 h – Konsequenzen aus der Bestandsaufnahme Atommüll
Ursula Schönberger, Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad
- 11:15 h – Fehler vermeiden in Suchverfahren von Standorten für radioaktive Abfälle: Erkenntnisse aus den schweizerischen Verfahren
Markos Buser, Geologe, Institut für nachhaltige Abfallwirtschaft GmbH (INA), Zürich
- 11:45 h – Demokratische Atommüllpolitik – was wäre das?
Reinhard Ueberhorst
- 12:15 h Pause
- 13:00 h Moderierte Arbeitsgruppen
parallel stattfindend - AG 1: Stärken und Schwächen existierender Beteiligungsverfahren, insbesondere beim Atommüll
Es gibt sehr unterschiedliche Erfahrungen bei Beteiligungsverfahren mit Arommüll. Fehlentwicklungen müssen vor allem bei Beginn von Verfahren vermieden werden.
Historische Beispiele, Ulrike Donat, Rechtsanwältin und Mediatorin
Konsensorientierter Dialog bei der Stilllegung von Atomanlagen des HZG (ehemals GKSS), Torsten Fischer, Helmholtz-Zentrum Geestacht, Bernd Redecker, Begleitgruppe
Erkenntnisse aus dem schweizerischen Verfahren, Markos Buser
Koordinator: Dirk Seifert, ROBIN WOOD - AG 2: Probleme mit Atommüll sind viel größer
Das Standort-Suchgesetz betrachtet im Wesentlichen hochaktive oder Wärme entwickelnde Abfälle, insbesondere abgebrannte Brennelemente. Dabei zeigen die Erfahrungen von ASSE II, Morsleben, der Umgang mit den Hinterlassenschaften der Wismut oder der Kernforschungseinrichtungen des Bundes, dass der Umgang mit diesen Abfällen keinesfalls als gesichert angesehen werden kann. Welche Anforderungen ergeben sich aus diesen Erfahrungen für den akuten und für den langfristigen Umgang?
Altlasten beim Uranbergbau, Frank Lange, kirchlicher Umweltkreis Ronneburg
Jülicher Atommüll, Dr. Rainer Moormann, Chemiker, 1976-2012 Mitarbeiter der KFA Jülich
Probleme bei der Atomfabrik Eckert&Ziegler, Peter Meyer, BI Strahlenschutz Braunschweig
Lubmin, N.N.
Koordinatorin: Ursula Schönberger - AG 3: Lagerung hochradioaktiver Abfälle
Es gibt in Deutschland zwar kein Endlager, aber mehrere Zwischenlager für hochradioaktiven Müll. Die Frage, wie sicher diese sind, stellt sich nach dem Gerichtsurteil zum Zwischenlager in Brunsbüttel mit großer Dringlichkeit. Müssen die Lager nachgerüstet werden? In welches Zwischenlager sollen und können die weiteren Castoren aus La Hague und Sellafield gebracht werden? Wie lange müssen die Zwischenlager weiterbetrieben werden?
Gronau, Dipl.-Phys. Wolfgang Neumann, intac Hannover
Martin Donat, BI Lüchow-Dannenberg
Tobias Goldschmidt, Leiter Stabstelle Energiepolitik, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Schleswig-Holstein
Raimund Kamm, FORUM, Gundremmingen
Koordinator: Thorben Becker, BUND - AG 4: Rahmenbedingungen für eine Beteiligung
Provokativ gesagt: Die Umweltverbände dürfen zukünftig keine Kritik mehr am Umgang mit Atommüll in Deutschland üben. Denn wenn sie in die Kommission gehen, dann heißt es hinterher: „Was beschwert Ihr Euch, Ihr habt doch daran mitgewirkt“. Wenn sie nicht in die Kommission gehen, dann heißt es: „Was beschwert Ihr Euch, Ihr hättet doch mitwirken können.“ Ist die Kommission also eine klassische Mitmachfalle? Was braucht es wirklich, damit sich alle an einer ernst gemeinten Debatte über den Umgang mit dem Atommüll beteiligen können – auch über die Kommission hinaus?
Jochen Stay, .ausgestrahlt
Evangelischer Landesbischof Ralf Meister, Hannover
Tobias Riedl, Greenpeace
Dr. Matthias Miersch MdB, SPD
Roland Schüler, Vorstand Friedensbildungswerk Köln
Reinhard Ueberhorst
Koordinator: Jochen Stay - AG 5: Rolle der Medien und ihre Verantwortung beim Atomkonflikt
Medien spielen in der öffentlichen Debatte um Atomenergie eine zentrale Rolle, wie spektakuläre Auseinandersetzungen von Wyhl bis zu Castortransporten, Skandale bei Nukem und ASSE II, Katastrophen bei Tschernobyl und Fukushima, politische Entscheidungen über Atom-Konsens und Laufzeitverlängerungen zeigen. Welche Rolle können die klassischen Medien aber jenseits von Schlagzeilen bei einem gesellschaftlichen Prozess spielen, der Jahrzehnte dauern wird? Können sie Garanten einer fairen öffentlichen Diskussion sein und welche Rolle können/müssen neue Medien übernehmen?
Axel Schroeder, Deutschlandfunk
Malte Kreutzfeld, TAZ
Manfred Ladwig, Report Mainz
Stefan Niggemeier, Blogger (angefragt)
Klaus Brunsmeier, BUND
Koordinator: Peter Dickel, Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad
- 14:15 h Pause
- 14:30 h Fortsetzung der Arbeitsgruppen
- 15:30 h Pause
- 16:00 h Berichterstattung aus den Arbeitsgruppen
- 16:15 h Ausblick:
Wie geht es weiter? Prinzipien und Bedingungen gelingender Vermittlung in öffentlichen Konflikten. Bedeutung von Vertrauen und Misstrauen
Roland Schüler
Anschließend Abschlussdiskussion
- 17:00 Tagungsende
Tagungsort:
Umweltforum Auferstehungskirche
Pufendorfstraße 11
10249 Berlin