AKW Brokdorf: 1.500 für die Stilllegung und Atommüllprobleme ohne Ende

Brokdorf-2014-ProtestT-Tag-FotoDirkSeifert-04
Antonia Uthe von der AG Schacht Konrad.

Protest- und Kulturmeile für die Abschaltung des AKW Brokdorf am 26. April 2014. Insgesamt 1.500 Menschen haben sich an der Aktion beteiligt und in Erinnerung an die Katastrophe von Tschernobyl die sofortige Stilllegung von Brokdorf gefordert. Die Klimaretter berichten hier. Verschiedene RednerInnen betonten auf der Kundgebung vor dem AKW die enormen Risiken, die durch die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima deutlich geworden sind. Unter ihnen auch Anthony Lyamunda, Aktivist gegen geplanten Uranabbau in Tansania. Die Rede von Angelika Claußen (IPPNW) ist bereits online (siehe gleich den Link). Hier folgt nun Antonia Uthe von der AG Schacht Konrad. Dort wird das für leicht- und mittelradioaktive Atomabfälle gedachte Endlager ausgebaut. Aber: Wegen immer neuer Sicherheitsprobleme beim Ausbau der ehemaligen Eisenerz-Anlage verzögert sich die Inbetriebnahme immer weiter. Die Rede gleich hier im vollen Wortlaut.

Brokdorf-Rede 26. April 2014

“Es ist ungeheuerlich, dass trotz Tschernobyl und trotz Fukushima immer noch Atomkraftwerke am Netz sind. Und dass wir immer noch nach Brokdorf kommen müssen, um das Abschalten von Atomanlagen zu fordern, anstatt hier Urlaub zu machen.

Obwohl die Bundesregierung den Atomausstieg verkündet hat, haben sich heute auch am AKW in Grohnde viele Atomkraftgegner zu einer Mahnwache versammelt, weil dort, heute, am Tschernobyltag, mit der Revision begonnen wird, und weil wieder MOX-Brennstäbe eingesetzt werden sollen. Das ist kein Atomausstieg!

Es ist auch kein Atomausstieg, wenn die Atomfabriken in Gronau und Lingen auf unbegrenzte Zeit – und für die Atomkraftwerke in aller Welt – weiterproduzieren dürfen.
Doch selbst wenn alle Atomanlagen abgeschaltet wären, bliebe immer noch der Atommüll übrig. Und solange die Regierung kein funktionierendes Konzept entwickelt, um diese lebensgefährliche Hinterlassenschaft auf Tausende von Jahren sicher zu verwahren, lässt sich wohl kaum von Atomausstieg sprechen!

Die Atommüllkonferenz der Standortinitiativen hat im Herbst eine Bestandsaufnahme des Atommülls in Deutschland herausgegeben. Datenblätter zu über 90 Standorten, an denen Atommüll lagert. Die sprechen eine deutliche Sprache: von prekären Lagerbedingungen zum Beispiel. Doch die Regierungen von Bund und Ländern scheinen kaum Anstrengungen zu machen um diese Zustände zu ändern.

Im letzten Jahr wurde ad hoc ein Standortauswahlgesetz auf die Wege gebracht. Ein Ort soll gefunden werden, an dem der hochradioaktive Abfall künftig (will heißen in einigen Jahrzehnten) endgültig gelagert werden soll.

Dem Gesetz wird eine Bewertungskommission zugestellt, wohl gedacht als eine Art Bürgerbeteiligung (?)

Doch bewertet oder nicht, dieses Gesetz bleibt ein Gesetz, das sich lediglich auf hochradioaktive Abfälle bezieht, und damit auf höchstens fünf Prozent des gesamten Atommüllvorkommens in Deutschland! Die restlichen 95 Prozent werden einfach ausgeblendet.

Denn, so verlautbarte jüngst Stefan Wenzel, der Grüne Umweltminister aus Niedersachsen: Die Aktivität (des schwach- und mittelradioaktiven Mülls) betrage doch nur ein Prozent.

Na toll! Wenn also ein Kind an einem Hirntumor erkrankt, weil das Trinkwasser mit Tritium verseucht ist, oder an Krebs stirbt, weil sich in seinem Körper Strontium angereichert hatte, soll man den Eltern dann vielleicht erzählen, das seien doch bloß Alpha und Beta Strahler von geringer Aktivität? Das ist doch zynisch!

Für diese 95 Prozent Restmüll hat die Bundesregierung zwar kein Konzept parat, dafür aber eine Antwort und die lautet: Schacht KONRAD!

Nun ist eine Antwort nicht per se eine sinnvolle Lösung. Und „Schacht KONRAD“ ist überhaupt keine Lösung, sondern eine zufällig getroffene Entscheidung, bei der andere Möglichkeiten gar nicht in Betracht gezogen wurden. Und das ist genauso unsinnig wie der ein für alle Mal getroffene Beschluss: Atommüll sei entsorgt, sobald er tief in der Erde vergraben ist!

Obwohl die Nicht-Rückholbarkeit nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht mehr zu halten ist, wird Schacht KONRAD unbeirrt ausgebaut, mit veralteten Messdaten aus den 80er Jahren und mit eklatanten Problemen, die bereits jetzt, beim Ausbau zu Tage treten und kaum in den Griff zu bekommen sind. Dazu gehört die marode Bausubstand der alten Schachtanlage, die nicht nur die Kosten in die Höhe treibt, sondern auch die Inbetriebnahme immer weiter nach hinten verschiebt: von 2013, über 2019 … inzwischen ist von 2024 die Rede. Das Nachsehen haben die Atomstandorte, für deren Abfälle KONRAD vorgesehen ist.

Doch abgesehen von qualitativen Defiziten ließen sich mit KONRAD etliche Atommüllprobleme auch quantitativ nicht lösen. Die 100 000 m3 abgereichertes Uran aus Gronau dürften ebenso wenig hier eingelagert werden, wie die Graphitabfälle aus Jülich oder der Müll aus der Asse. Dennoch wird an dem Projekt festgehalten, zumal es gerichtlich abgesegnet ist. Dabei muss Schacht KONRAD immer mehr als Beruhigungspille herhalten. Aber wollen wir uns denn beruhigen lassen? Sind wir sind besser beraten, wenn wir uns nicht beruhigen, sondern handeln?!

Die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD hat als Reaktion auf das Standortauswahlgesetz gemeinsam mit regionalen Verbänden der IG Metall und dem Landvolk, mit kommunalen Fraktionen und dem CDU Oberbürgermeister aus Salzgitter einen Offen Brief an alle zuständigen Bundes- und Landesministerien verschickt mit der Forderung:

1. Alle Arten von Atommüll einzubeziehen,
2. Schacht KONRAD nicht als gesetzt anzusehen, sondern nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik neu zu bewerten. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Rückholbarkeit.

Der akute Handlungsbedarf an den einzelnen Standorten darf nicht länger ausgeblendet werden! Wir dürfen es nicht zulassen, dass Schacht KONRAD immer wieder vorgeschoben wird, um die Debatte um schwach- und mittelaktive Abfälle auf Sparflamme zu halten!

Deshalb muss
– der gesamte Atommüll betrachtet werden und nicht nur fünf Prozent!
– die Politik, die akuten Probleme an allen Standorten betrachten, ob Brokdorf, Brunsbüttel, Neckarwestheim oder Ahaus … und entsprechend handeln!
– und die Politik muss sofort aktiv werden, anstatt die Menschen an den Standorten hinzuhalten!

Wir von der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD wollen, dass der Weg, für einen verantwortungsvollen Umgang mit Atommüll nicht länger durch Verharmlosungen, Vertuschungen, und vorsintflutliche Entscheidungen verstellt wird.

In diesem Sinne war unser Offener Brief der regionale Auftakt zu einer bundesweiten Initiative, die für den Herbst geplant ist und alle Standorte mit einbeziehen möchte.
Wir hoffen Ihr seid dabei!

Antonia Uthe, AG Schacht KONRAD, 26.4.2014

Dirk Seifert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert