Falsch abgedichtet: Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll im AKW Brokdorf
(Update 4.12.) So kann das gehen. Am 29. November besucht der neue schleswig-holsteinische „Energiewendeminister“ Jan Philipp Albrecht (Grüne) das Atomkraftwerk Brokdorf und das dortige Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll (Stichwort: Zwischenlager dürfen nicht zu Endlagern werden, siehe auch unten). Einen Tag später kommt die Meldung: „Falsche Dichtung – Montagefehler im Atomkraftwerk Brokdorf (IWR)“. Während der Besuch des Ministers der Behörde immerhin einen Bericht auf der Homepage wert ist, lesen wir über die falsche Dichtung dort bislang(*, siehe unten) nichts. Allerdings sollen Experten hinzugezogen werden, um die Ursachen für die Verwechslung der Dichtung zu klären.
Bei einem mit hochradioaktiven Brennelementen unter Wasser beladenen Castor-Behälter im AKW haben die Beschäftigten im Deckel eine falsche Dichtung eingesetzt. Klar: „Eine Gefährdung von Personen bestand zu keinem Zeitpunkt, so die Landesregierung.“
Mitgeteilt wird bei IWR: „Der Fehler wurde bei nachfolgenden Montageschritten erkannt, teilte das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein mit.“ Und: „Die fehlerhaft verwendete Dichtung wurde demontiert, die Dichtflächen inspiziert und eine ordnungsgemäße Dichtung eingesetzt. Die anschließende Dichtheitskontrolle ergab keine Beanstandungen. Die Abfertigung des CASTOR-Behälters konnte abgeschlossen werden.“
Das Windkraft-Journal berichtet mit Bezug auf PreussenElektra/E.on über diese Panne hier. Dort heißt es: „Die Betreibergesellschaft hat das Ereignis der Kategorie „N“ (Normalmeldung) zugeordnet und der Reaktorsicherheitsbehörde (Energiewendeministerium) am 30. November gemeldet. Die Reaktorsicherheitsbehörde prüft das Ereignis und hat dafür Sachverständige hinzugezogen.
Hintergrund
Bei der Abfertigung von CASTOR-Behältern werden die durchzuführenden Tätigkeiten und die dabei zu verwendenden Teile in detaillierten Arbeitsablaufplänen beschrieben. Der Abfertigungsvorgang erstreckt sich vom Einschleusen des leeren CASTOR-Behälters über das Beladen mit den abgebrannten Brennelementen bis zum Verschließen und Ausschleusen des Behälters aus dem Kontrollbereich des Kernkraftwerks.
Erläuterung zu den Kategorien der meldepflichtigen Ereignisse:
Orientiert an sicherheitstechnischer Bedeutung und Eilbedürftigkeit von Abhilfemaßnahmen werden Meldepflichtige Ereignisse in Deutschland in drei Kategorien eingeteilt: Normalmeldung (N) = Meldefrist fünf Arbeitstage, Eilmeldung (E) = Meldefrist 24 Stunden und Sofortmeldung.“
PreussenElektra / E.on informiert unter „meldepflichtige Ereignisse“ über die falsche Dichtung: Kernkraftwerk Brokdorf: Dichtung bei einer CASTOR®-Abfertigung ausgetauscht
Dokumentation Homepage Schleswig Holstein über den Besuch von Minister Albrecht in Brokdorf:
Zwischenlager dürfen nicht zu Endlagern werden
© M. Staudt / grafikfoto.de
Am heutigen Donnerstag besuchte der Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht das Kernkraftwerk Brokdorf (KBR). Das KBR ist das letzte Kernkraftwerk, welches in Schleswig-Holstein in Betrieb ist. Der von PreussenElektra betriebene Meiler darf nach der Atomgesetznovelle von 2011 noch bis längstens Ende 2021 im Leistungsbetrieb laufen. Miteigentürmer ist Vattenfall (20 %).
Genau ein Jahr nachdem die Betreibergesellschaft des Kernkraftwerkes Brokdorf bei der Reaktorsicherheitsbehörde (Energiewendeministerium) den Rahmenantrag zur Stilllegung und zum Abbau des KBR eingereicht hat, informierte sich der neue Minister über den aktuellen Stand.
Aktueller Stand und weiteres Vorgehen
Derzeit werden in dem mehrjährigen Genehmigungsverfahren das Stilllegungs-, Abbau- und Entsorgungskonzept der Betreibergesellschaft sowie der während der Stilllegung geplante Restbetrieb behördlich geprüft. Als nächstes wird zu Beginn des nächsten Jahres der gesetzlich vorgesehene „Scoping-Termin“ im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden. Der Scoping-Termin soll u.a. dazu dienen, mit fachlich betroffenen Behörden den Umfang der Unterlagen festzulegen, die die Betreibergesellschaft zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens vorzulegen hat.
In dem Genehmigungsverfahren muss PreussenElektra umfangreiche Dokumente, unter anderem einen Sicherheitsbericht, vorlegen. Das Vorgehen entspricht dem für die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel. Mit dem Abbau des Kernkraftwerks Brokdorf kann erst begonnen werden, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vollständig erfüllt sind und die Genehmigung erteilt ist.
Schon zu Baubeginn 1976 wurde das KBR an der Elbe mit Großdemonstrationen von Atomkraftgegner*innen begleitet. Die Stilllegungsprozesse der Kernkraftwerke in Schleswig-Holstein möchte Jan Philipp Albrecht, der sich schon in seiner Jugend selbst an Anti-Atomkraftdemonstrationen beteiligt hat, als Energiewendeminister konsequent umsetzen.
© M. Ruff / grafikfoto.de
Sicherheit geht vor Schnelligkeit
Der wesentliche Unterschied zu den Genehmigungsverfahren für die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel ist, dass für Brokdorf der Antrag auf Stilllegung und Abbau von der Betreibergesellschaft schon während des noch laufenden Leistungsbetriebs gestellt wurde. Demzufolge werden sich in der ersten Phase des Abbaus noch Brennelemente im Reaktorgebäude befinden, da diese noch nicht ausreichend abgeklungen sein werden. Minister Albrecht: „Einen Abbau des Kernkraftwerks ‚um die Brennelemente herum‘ halte ich nicht für den besten Weg; das Atomgesetz lässt diesen Weg allerdings zu. Die Reaktorsicherheitsbehörde wird darüber wachen, dass der Strahlenschutz zu jedem Zeitpunkt im Vordergrund steht und der Grundsatz ‚Sicherheit geht vor Schnelligkeit‘ immer eingehalten wird.“
Minister Albrecht nutzte auch die Gelegenheit, sich das Standort-Zwischenlager für Kernbrennstoffe auf dem Gelände des KBR anzusehen. Die Aufbewahrungszeit für die hier seit 2007 gelagerten CASTOR-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen soll laut Atomgesetz 40 Jahre nicht überschreiten. In dem Gesetz ist geregelt, dass eine Verlängerung der Aufbewahrungsgenehmigung über 40 Jahre hinaus nur aus unabweisbaren Gründen und nach vorheriger Befassung des Deutschen Bundestags erfolgen darf. Der Minister Albrecht betonte daher: „Die Zwischenlager dürfen nicht zu Endlagern werden.“
(*) Obwohl der Text am 30.11. nicht online war, ist nun auf der Seite des Ministeriums MELUND dieser Pressetext mit Datum 30.11. online zu finden. Vielleicht ist ja die Text/Fax-Fassung verspätet online gegangen?
Hier zur Dokumentation die vielleicht nachgereichte MELUND_Stellungnahme:
Montagefehler bei der Abfertigung eines CASTOR-Behälters im Kernkraftwerk Brokdorf
Datum 30.11.2018
BROKDORF/KIEL. Im Kernkraftwerk Brokdorf wurde bei der Abfertigung eines mit abgebrannten Brennelementen beladenen CASTOR-Behälters eine falsche Dichtung in einen der Verschlussdeckel eingesetzt. Der Fehler wurde bei nachfolgenden Montageschritten erkannt. Die fehlerhaft verwendete Dichtung wurde demontiert, die Dichtflächen inspiziert und eine ordnungsgemäße Dichtung eingesetzt. Die anschließende Dichtheitskontrolle ergab keine Beanstandungen. Die Abfertigung des CASTOR-Behälters konnte abgeschlossen werden. Eine Gefährdung von Personen bestand zu keinem Zeitpunkt.
Die Betreibergesellschaft hat das Ereignis der Kategorie „N“ (Normalmeldung) zugeordnet und der Reaktorsicherheitsbehörde (Energiewendeministerium) am 30. November gemeldet. Die Reaktorsicherheitsbehörde prüft das Ereignis und hat dafür Sachverständige hinzugezogen.
Hintergrund
Bei der Abfertigung von CASTOR-Behältern werden die durchzuführenden Tätigkeiten und die dabei zu verwendenden Teile in detaillierten Arbeitsablaufplänen beschrieben. Der Abfertigungsvorgang erstreckt sich vom Einschleusen des leeren CASTOR-Behälters über das Beladen mit den abgebrannten Brennelementen bis zum Verschließen und Ausschleusen des Behälters aus dem Kontrollbereich des Kernkraftwerks.
Erläuterung zu den Kategorien der meldepflichtigen Ereignisse:
Orientiert an sicherheitstechnischer Bedeutung und Eilbedürftigkeit von Abhilfemaßnahmen werden Meldepflichtige Ereignisse in Deutschland in drei Kategorien eingeteilt: Normalmeldung (N) = Meldefrist fünf Arbeitstage, Eilmeldung (E) = Meldefrist 24 Stunden und Sofortmeldung.
Medien-Information vom 30. November 2018 zum Herunterladen (PDF 255KB, Datei ist nicht barrierefrei) (Dieser vorhergehende Original-Link führt zu einer anderen PM mit anderem Thema (war wohl etwas hektisch alles))
Verantwortlich für diesen Pressetext: Jana Ohlhoff und Joschka Touré | Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung | Mercatorstraße 3, 24106 Kiel | Telefon 0431 988-7044 | E-Mail: pressestelle@melund.landsh.de | Medien-Informationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter www.schleswig-holstein.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.schleswig-holstein.de/melund