Volksentscheid Energienetze Hamburg: Vattenfall wird Votum ignorieren
Nach dem gewonnenen Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ macht Vattenfall klar, dass der Konzern den Bürgerwillen nicht respektieren wird. Statt nun die Koffer zu packen, will der Atom- und Kohlekonzern sich erneut um eine Konzession für das Stromnetz bewerben und die Kontrolle über die Fernwärme behalten. Gestern haben knapp 51 Prozent der HamburgerInnen sich für die vollständige Rekommunalisierung der Energienetze ausgesprochen.
Manfred Braasch, Vertrauensmann der Initiative, fasste das gestrige Ergebnis zusammen: „Das ist ein Meilenstein für die direkte Demokratie, weil wir die Mehrheit in Hamburg hinter uns haben – trotz massiver Medienkampagne mit millionenschwerer Anzeigenkampagne und einem Bündnis aus Wirtschaft und Politik.“ (Abendblatt)
Hier die Karte der Ja/Nein-Verteilung beim Volksentscheid in Hamburg
In gewohnter Weise reagiert Vattenfall auf die schwere Niederlage. Der Konzern hatte mit einer vermutlich zweistelligen Millionen-Euro-Kampagne versucht, sich bei den HamburgerInnen als Partner der Stadt anzubiedern. Vergeblich. Im Abendblatt ist heute zu lesen: „Der Energiekonzern Vattenfall rechnet sich gute Chancen aus, die Konzession für das Stromnetz wieder zu bekommen. „Wir nehmen das Votum der Hamburger mit Respekt zur Kenntnis“, sagte der deutsche Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka in der Nacht zu Montag.“ „Unabhängig vom Volksentscheid wird die Stromnetz Hamburg GmbH in den kommenden Wochen mit Hochdruck die Bewerbungsunterlagen für das Konzessionsvergabeverfahren vorbereiten.“
Klare Ansage also: Vattenfall wird das Votum der HamburgerInnen ignorieren. Geschäft ist Geschäft.
Für die SPD ist das Ergebnis des Volksentscheids eine schwere Niederlage. Auch, wenn Bürgermeister Scholz jetzt versucht, diese Niederlage klein zu reden: „Volksentscheide sind Abstimmungen über Sachfragen, und in dieser Frage hat das Volk anders entschieden als Senat und Bürgerschaft zuvor.“ Jetzt will er das Votum umsetzen.
Doch Scholz und seine Bündnispartner haben in den letzten Monaten mit allen nur erdenklichen Tricks am Rande der Wahrheit gegen das Volksentscheids-Bündnis gewettert. Das war keine Sachfrage mehr, sondern die SPD mit Bürgermeister Scholz und dem Fraktionsvorsitzenden Dressel haben die Machtfrage gestellt – und verloren!
Der SPD-Senat in Hamburg hat in den letzten Monaten alles daran gesetzt, die Volksentscheids-Befürworter zu diskreditieren. Repräsentative Umfragen, die immer wieder zeigten, dass die millionenschwere Propaganda von Vattenfall, SPD und Konzernen nicht ausreichte, um den HamburgerInnen die Netze in öffentlicher Hand auszureden, verschwanden kurzerhand in den Schubladen und wurden nicht veröffentlicht.
Völlig kurios ist das Statement der Hamburger Umweltsenatorin Jutta Blankau zum Ergebnis des Volksentscheids. Laut Abendblatt sagte Blankau: „Ein Rückschlag für den Hamburger Senat ist das nicht“… „Es sei klar gewesen, dass es in dieser Frage zwei deutlich abweichende Auffassungen in der Stadt gebe – es hätte daher auch knapp anders ausgehen können.“ In welcher Traumwelt lebt Frau Blankau? Das „Hätte“ ist seit gestern entschieden.
Nur am Rande noch etwas zu E.on. Das Unternehmen hat sich – völlig anders als Vattenfall – sehr zurückgehalten. Wie vom „Insidern“ zu hören war, sind die Manager bei E.on mehr oder weniger „abgefressen“ von Vattenfall. Wieder einmal führt das miserable Image von Vattenfall, ihr arrogantes Auftreten in der Öffentlichkeit, auch für E.on zu einer schweren Niederlage.