Vattenfall verkauft Lausitz – Wann übernimmt Brandenburg die Braunkohle?

Wüstenlandschaften und Klimakatastrophe. Vattenfall will Braunkohle in der Lausitz abstoßen.

Vattenfall setzt seinen Rückzug aus Deutschland fort. Erneut hat der schwedische Staatskonzern im letzten Quartal hohe Verluste eingefahren. Jetzt geht der Verkauf der Braunkohle-Sparte mit dem Schwerpunkt in der Lausitz an den Start. Bereits vor einem Jahr war angekündigt worden, dass Vattenfall für das Braunkohle-Geschäft mindestens „einen strategischen Partner“ sucht. Wenig später wurde bekannt, dass sich das Land Brandenburg mit einer Arbeitsgruppe auch auf eine eventuelle Übernahme vorbereitet. Ein wichtiger Schritt für den Rückzug des Konzerns war die zum Jahreswechsel vollzogene Umstrukturierung des Konzerns. Der kontinentale Teil außerhalb Skandinaviens wurde vom Mutterkonzern abgetrennt und verselbstständigt. Von vielen Insidern wurde dies als Voraussetzung für einen Verkauf angesehen. Vattenfall steht seit längerer Zeit in direkten Gesprächen, vor allem mit der alten und neuen rot-roten Landesregierung in Brandenburg.

Die Wirtschaftslage bleibt für Vattenfall weiterhin kritisch. „Der Konzern kämpft wie die Konkurrenten E.ON, RWE und EnBW wegen des Verfalls der Strom-Großhandelspreise mit einem Gewinneinbruch. Nach Abschreibungen, unter anderem weitere auf die niederländische Tochter Nuon, fuhr der Konzern im dritten Quartal einen operativen Verlust von 19,4 Milliarden Schwedischen Kronen (umgerechnet rund zwei Milliarden Euro) ein.

Die Agentur reuters berichtet nun außerdem: „Der Versorger werde in den kommenden Monaten Möglichkeiten für eine „nachhaltige und neue Eigentümerstruktur“ prüfen, sagte der neue Vorstandschef Magnus Hall am Donnerstag. Der Konzern wolle seinen Kohlendioxidausstoß deutlich senken, für den die Braunkohle maßgeblich verantwortlich sei. Vattenfall werde den Prozess in Abstimmung mit der Bundesregierung und den Ländern Brandenburg und Sachsen vorantreiben, wo sich ein Großteil des Geschäfts befinde. Der Staatskonzern beschäftigt in der Förderung und Verstromung von Braunkohle in Deutschland mehr als 8000 Mitarbeiter.“

Hintergrund des Rückzugs von Vattenfall sind nicht nur klimakritische Haltungen in Schweden. Vattenfall hat sich mit seinem Expanisionskurs seit der Liberalisierung der Strommärkte in der EU seit Ende der 1990er Jahre völlig übernommen. Außerdem musste das Unternehmen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise Mitte der 2000er Jahre Verluste hinnehmen. Höhepunkt der Misere war u.a. der völlig überteuerte Kauf der niederländischen Nuon. Schon seit Jahren ist Vattenfall dabei, sich aus vielen Ländern rund um die Ostsee wieder zurückzuziehen und erst vor wenigen Jahren übernommene Anteile zu verkaufen.

Natürlich hält sich Vattenfall in dieser Situation alle Optionen offen, schon allein um den Wert der Braunkohlesparte zu sichern. Als eine durchaus wahrscheinliche Variante könnte nun die Beteiligung oder Übernahme durch das Land Brandenburg zu vermuten sein. Seit Jahresbeginn – siehe den Link oben – wird über derartige Optionen bereits in der Landesregierung hinter verschlossenen Türen beraten. Ob deutsche Stromkonzerne wie RWE mit ihren umfangreichen Braunkohlegebieten an einer Übernahme interessiert sind, darf angezweifelt werden. Jedenfalls will der Konzern ebenso wie E.on keine Stellung nehmen, wie reuters berichtet. Auch EnBW winkt ab. Interesse wird außerdem polnischen und tschechischen Versorgern nachgesagt. Reuters spricht zusätzlich von Finanzinvestoren.

„Ein weiterer großer Produzent ist der Energiekonzern RWE. RWE und E.ON lehnten eine Stellungnahme dazu ab, ob sie an den Braunkohle-Geschäften interessiert sind. Ein Kauf durch sie gilt jedoch als unwahrscheinlich, legen die deutschen Energieriesen doch gerade reihenweise Kohlekraftwerke still. Gleiches gilt für den Karlsruher Versorger EnBW. „Die Strategie der EnBW sieht in den kommenden Jahren den Ausbau der Erneuerbaren Energien, des Netzgeschäfts und des Geschäfts mit kundenahen Produkten und Dienstleistungen vor“, sagte ein Sprecher.

Zwei mit der Strategie von Vattenfall vertraute Personen nannten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters Finanzinvestoren wie KKK, Blackstone und CVC[CVC.UL] als mögliche Interessenten. Auch die tschechischen Versorger EPH und CEZ könnten ein Auge auf die Geschäfte werfen. Den Wert schätzten sie auf zwei bis drei Milliarden Euro.“

Zwei bis drei Milliarden Euro sind zwar viel Geld, dürften aber zunächst mal lediglich die Zielvision von Vattenfall sein und dürften auch für ein Bundesland wie Brandenburg nicht außerhalb der Reichweite sein. Hamburg hat nach dem Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Energienetze von Vattenfall und E.on ebenfalls zwei Milliarden Euro eingeplant. Allerdings stellt sich für alle Investoren die Frage, wie denn eine Refinanzierung erfolgen soll. Denn immerhin trägt die Braunkohle ganz maßgeblich zur Klimakatastrophe bei und es ist eher wahrscheinlich, dass der Druck für einen schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle weiter wachsen wird.

Umweltorganisationen wie Greenpeace und der BUND warnen, dass ein Verkauf die Klima-Probleme nicht lösen wird. Sie fordern einen Verzicht auf neue Tagebaue und einen schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle. Dringend erforderlich sind Konzepte, die den Umbau in der Lausitz vorantreiben und neue Strukturen für eine Zukunft ohne Braunkohle schaffen. Das gnadenlose Festhalten an der Braunkohle, wie es z.B. die IG BCE betreibt, dürfte mittelfristig auch für die Beschäftigten eher in einer Katastrophe enden.

So oder so: Der Rückzug von Vattenfall – der kommen wird – wird ohne eine Beteiligung des Landes Brandenburg kaum denkbar sein. Ein schlichter Verkauf an z.B. tschechische Unternehmen oder gar an Finanzinvestoren wird vermutlich auch aus strategischen Gründen kaum passieren.

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Vattenfall verkauft Lausitz – Wann übernimmt Brandenburg die Braunkohle?

  1. Die 8000 direkt und 22000 indirekt betroffenen Arbeitnehmer können sich jetzt bei allen AKTIVISTEN bedanken, die jahrelang gegen Vattenfall und gegen die Tagebaue gewettert haben.
    Jetzt braucht sich keiner mehr umsiedeln lassen. Nur muss man sein Geld dann bald eben von einem anderen Amt abholen. H4 lässt Grüßen

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