Handelskammer Hamburg und Kolonial-Geschichte: Von Schuld keine Rede – aber Archive sollen – endlich – geöffnet werden

Im Widerstand gegen deutsche Kolonial-Politik in Deutsch Ostafrika: Chief Mkwawa. Foto aus dem National-Museeum Tansania in Dar es Salaam
Im Widerstand gegen deutsche Kolonial-Politik in „Deutsch-Ostafrika“: Chief Mkwawa. Foto aus dem National-Museum Tansania in Dar es Salaam.

Handelskammer Hamburg und die Frage nach der Mit-Schuld und Verantwortung an den Verbrechen und dem Völkermord in der Zeit des deutschen Kolonialismus? Bis heute eine schwierige Frage und eine, auf die die Kammer-Offiziellen bis heute nur auf Druck von außen reagieren und sich eher nebelhaft äußern: Hamburg hätte als wichtigster deutscher Außenhandelsplatz „naturgemäß eine Vorreiterrolle“ inne gehabt, stellt Präses Melsheimer in einer PM jetzt fest: „Deshalb sei die Handelskammer sehr an einer umfassenden Untersuchung der kolonialen Vergangenheit sowohl der eigenen Institution als auch der Hamburger Wirtschaft insgesamt interessiert.“ Jetzt soll ein „externer Dienstleister“ ein Findbuch erarbeiten und es sollen Veranstaltungen von der Kammer durchgeführt werden. Die derzeitige Opposition im Plenum, „Kammer sind Wir“, wäre gut beraten, darauf zu achten, dass Beschönigungen wie sie bei der Aufarbeitung der NS-Geschichte im Auftrag der Kammer jüngst betrieben wurden, sich nicht wiederholen.

Die Handelskammer reagiert mit ihrem Plenums-Beschluss vom 7.7.2016 auch auf die vom Senat 2014 eingerichtete Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe/Hamburg und die frühe Globalisierung“, die in den letzten Wochen eine umfangreiche Ringvorlesung an der Uni Hamburg durchgeführt hat, in der auch die Rolle der Handelskammer für den Kolonialismus des Deutschen Reiches – und ihrer Verbrechen – Thema war.

Auf der Homepage von Kammer sind WIR schreibt  über die geheimem Sitzungen des Plenums (in Anspielung auf die zurückliegende EM): „Überraschenderweise kam es tatsächlich zu einer kurzen, konstruktiven Dribbling-Phase bei dem Handelskammer-Projekt zur Kolonialgeschichte, mit einem durchaus erwähnenswerten Ergebnis, dass die Handelskammer die Forschung zur Kolonialgeschichte unterstützen und die Dokumente sogar öffentlich machen will.“

Es ist zu hoffen, dass die Kammer-Opposition genau hinschaut, wer der „externe Dienstleister“ werden soll und was genau in dem Findbuch später auftauchen wird – und was möglicherweise nicht. Die HK-Führung hat erst jüngst mit einem „externen Dienstleister“ zum Thema „Rolle der Kammer im Nationalsozialismus“ demonstriert, wie auch heute noch Geschichte schön gefärbt werden kann, um die eigene Verantwortung für Verbrechen zu relativieren.

Die Geschäftsstelle der Handelskammer Hamburg berichtet in einer PM über die Beschlüsse des Plenums: „Hamburger Kolonialgeschichte: Umfassendes Quellenverzeichnis von allen Archivbeständen und Vortragsreihe geplant“ und schreibt: „Die Handelskammer will einen eigenen Beitrag zum aktuellen Forschungsprojekt der Universität Hamburg zur Aufarbeitung der Rolle der Stadt während der deutschen Kolonialzeit leisten. Um der Forschung den bestmöglichen Zugang zu den Quellen der Handelskammer zu ermöglichen und um Transparenz über das vorhandene Material über die Kolonialzeit zu schaffen, hat das Plenum beschlossen, ein sogenanntes „Findbuch“ zu erstellen, das alle vorhandenen Akten im eigenen Archiv sowie bei der Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv erfasst. Weil die Unterlagen sehr umfangreich sind und zum Teil noch systematisch erfasst werden müssen, wird die Kammer damit einen externen Dienstleister beauftragen.

Darüber hinaus beschlossen die Unternehmensvertreter, Vortragsveranstaltungen zu Einzelaspekten der kolonialen Vergangenheit Hamburgs in den eigenen Räumen durchzuführen. Die Themen dieser Vorträge könnten an die aktuellen Forschungsthemen der im Juli 2014 mit der Aufarbeitung beauftragten Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe/Hamburg und die frühe Globalisierung“ anknüpfen.

„Als wichtigster deutscher Außenhandelsplatz hat Hamburg bei der Entwicklung des deutschen Kolonialismus naturgemäß eine Vorreiterrolle gespielt“, sagte Präses Fritz Horst Melsheimer in der Plenarsitzung. Deshalb sei die Handelskammer sehr an einer umfassenden Untersuchung der kolonialen Vergangenheit sowohl der eigenen Institution als auch der Hamburger Wirtschaft insgesamt interessiert.“

Dirk Seifert

Ein Gedanke zu “Handelskammer Hamburg und Kolonial-Geschichte: Von Schuld keine Rede – aber Archive sollen – endlich – geöffnet werden

  1. Dazu passt die aktuelle Ausstellung Die Banane im Visier der Kunst in der Börsenhalle der Handelskammer. Sie ist regelrecht eine Qual.

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