Statt Atommüllentsorgung – Oberirdische Lagerung für radioaktives Uran völlig unbefristet!
Mit einem einfachen Trick wird im westfälischen Gronau Atommüll möglicherweise für 100 Jahre und mehr gelagert. Möglich ist dies, weil die Betreiberfirma URENCO den anfallenden Atommüll einfach zum Wertstoff erklärt. Einen konkreten Nachweis, wie diese Verwertung aussieht, braucht sie dafür nicht zu erbringen. Das ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage. In England will die URENCO ganz offiziell abgereichertes Uran bis zum Jahr 2120 oberirdisch lagern.
Update: In einer Stellungnahme der Reaktor-Sicherheits-Kommission aus dem Jahr 2004 wird für das Uran-Lager in Gronau von einer Lagerzeit von bis zu 100 Jahren gesprochen: „Uranoxid-Lager: Für die längerfristige Lagerung von Tails ist es vorgesehen, das UF6 extern zu Uranoxid (U3O8) zu konvertieren und dieses in bis zu vierfach gestapelten Behältern in einer noch zu errichtenden Lagerhalle bis zu einer Kapazität von 58.962 t U3O8 (50.000 t U) zu lagern. Die vorgesehene Lagerdauer beträgt 50 – 100 Jahre.“ (Stellungnahme der RSK zur Erweiterung der Urananreicherungsanlage Gronau vom 16.12.2004 (378. Sitzung), S. 12, download als PDF)
Die Bundesregierung bestätigt als Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Dorothée Menzner, dass in Gronau abgereichertes Uran als U3O8 künftig ohne jede Befristung gelagert werden darf (Drucksache 17/12446, PDF Antwort der Bundesregierung hier.). Insgesamt 60.000 Tonnen Uran können dann in Gronau dauerhaft gelagert werden. In England hat die URENCO ganz offiziell die Lagerung bis zum Jahr 2120 beantragt (Link siehe oben)! Doch für die Bundesregierung handelt es sich bei den Resten aus der Urananreicherung nicht um Atommüll: „URENCO besitzt für dieses Hallenlager in Gronau eine Genehmigung zur unbefristeten Lagerung dieses Materials, das von URENCO für eine zukünftige weitere Verwendung vorgehalten wird“, heißt es in der Drucksache.
Wie diese „weitere Verwendung“ genau aussieht, weiß die Bundesregierung allerdings nicht. „Konkrete Verwendungsvorhaben sind der Bundesregierung nicht bekannt“, teilt sie mit, ohne offenbar Anstoß daran zu nehmen. Weil die URENCO also ein vages „Vewendungsvorhaben“ erklärt, wird ihr die unbefristete oberirdische Lagerung von bis zu 60.000 Tonnen radioaktivem Uran erlaubt. Während sonst für Atomanlagen ein konkreter Nachweis erfolgen muss, was mit den radioaktiven Hinterlassenschaften später geschehen soll, wird bei der URENCO auf einen solchen Nachweis komplett verzichtet. Rechtliche Anforderungen, worin denn das konkrete „Verwendungsvorhaben“ besteht, gibt es nicht.
So werden zigtausende Tonnen radioaktiver Reststoffe an der Entsorgung vorbei geschleust.
Das ganze basiert auf der Hoffnung bei URENCO, dass aus dem abgereicherten Uran irgendwann in ferner Zukunft noch einmal Brennstoff für die Versorgung der Atomkraftwerke hergestellt werden kann. Dazu müßten aber die Kosten für den Uranbergbau deutlich steigen und die weltweiten Uranvorkommen zurück gehen. Konkrete und belastbare Szenarien, Gutachten oder Expertisen müssen offenbar für diese Hoffnungen nicht vorgelegt werden, um eine unbefristete Genehmigung für die Lagerung von Uran zu bekommen. Und was passiert, wenn die Hoffnung der URENCO nicht aufgeht? Das Ganze erinnert eher an eine Bananenrepublik als einen Rechtsstaat.
Zwar gibt es zahlreiche Schätzungen, die von begrenzten Uran-Vorkommen berichten. Aber in den letzten Jahren werden immer neue und große Uranvorkommen entdeckt.
Spiegel online im Juli 2011:Atom-Boom in Asien: Inder entdecken riesiges Uranvorkommen …
Im Krisengebiet Niger will die AREVA noch eine weitere Uranmine in Betrieb nehmen und die Uranförderung damit massiv ausbauen. Telepolis berichtet dazu: „2013 oder 2014 will Areva die dritte Uranmine in Imouraren, eröffnen“.
Auch der Iran hat eigene Uran-Vorkommen entdeckt, berichtet das Handelsblatt: Vor Verhandlungen: Iran hat neue Uran-Vorkommen entdeckt …
Im Oktober 2010 meldete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) berichtet sogar: „Die Uranreserven, für die die Förderkosten unter 40 US-Dollar pro Kilogramm liegen, beziffern die BGR-Forscher in ihrer Energiestudie auf etwa 1,7 Millionen Tonnen. Bei dem derzeitigen Verbrauch stünde damit genug Uran für über 200 Jahre zur Verfügung.“
Andererseits dürfte der weltweite Uranbedarf aber auch deshalb sinken, weil die Erneuerbaren Energien als immer preisgünstigere Alternative für die Stromerzeugung weltweit auf dem Vormarsch sind, während die Kosten für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken explodieren. Auch werden in den nächsten Jahrzehnten mehr Atomkraftwerke vom Netz gehen, als neue hinzu gebaut werden.
Die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Dorothée Menzer steht auch hier zum download (PDF).