Atommülllager AKW Brunsbüttel – Genehmigung auf dem rechtlichen Prüfstand

atommüllfassDas Oberverwaltungsgericht in Schleswig wird sich ab Montag, 17. Juni, mit der Genehmigung für das Atommüll-Standortlager am AKW Brunsbüttel befassen. Während einige im Rahmen der Verhandlungen über das Endlagersuchgesetz schon damit beschäftigt sind, neuen Atommüll für Brunsbüttel zu ordern, ist das dortige Lager noch nicht einmal rechtskräftig genehmigt. Gegen die im November 2003 vom Bundesamt für Strahlenschutz erteilte Genehmigung steht bis heute eine Klage an. Trotz der laufenden Klage wurde das Atommülllager 2006 in Betrieb genommen. Derzeit stehen neun Castoren im Lager. Das Gericht steht unter enormen Druck: Das Urteil könnte erhebliche Auswirkungen auf die Entsorgungspraxis in Deutschland haben.

Sicherheitsmängel bei der Genehmigung

Dabei geht es zunächst um die Sicherheit für die AnwohnerInnen. Immerhin dürfen nach bisheriger Genehmigungslage bis zum Jahr 2043 bis zu 80 Castor-Behälter mit hochradioaktiven Brennelementen am AKW Brunsbüttel gelagert werden. Gegenstand der Klage sind Zweifel an der Langzeitsicherheit, vor allem auch Sicherheitsmängel beim Schutz gegen terroristische Angriffe. Dazu zählen der absichtliche Flugzeugabsturz oder auch ein Beschuss mit modernen Panzerfäusten. So ist z.B. der (gezielte) Absturz des A380 bei der Genehmigung nicht berücksichtigt worden.

Das OVG Schleswig hatte in erster Instanz die Klage nicht angenommen. Das Gericht wollte dem Kläger, der von dem Anwalt Dr. Ulrich Wollenteit vertreten wird, keinen Drittschutz einräumen. In der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hoben die dortigen Richter diese Entscheidung des OVG im Jahr 2008 schließlich auf: „Der Schutz gegen terroristische Anschläge auf ein Standortzwischenlager unterfällt dem Anwendungsbereich des Atomgesetzes. Die Vorsorge gegen solche Risiken dient auch dem Schutz individueller Rechtsgüter der in der Nähe des Zwischenlagers wohnenden Nachbarn. Die staatliche Terrorbekämpfung entbindet den Anlagenbetreiber nicht von der Pflicht zu Maßnahmen zum Schutz der Anlage und ihres Betriebs, die in seinen Verantwortungsbereich fallen“, heißt es in der Pressemitteilung zur Begründung des Urteils durch das BVerwG. Damit stärkte das Gericht den „Schutzanspruch Drittbetroffener gegen Anschläge auf ein atomrechtliches Zwischenlager“.

Entsorgungskonzept am Ende? Hoher Druck für das Gericht.

Aufgrund dieses Urteils muss sich nun das OVG Schleswig erneut mit der Sache befassen. Dabei steht das Gericht unter enormen Druck. Denn: Kommt es zu dem Ergebnis, dass die Sicherheitsrisiken nicht ausreichend berücksichtigt wurden, müsste es die Genehmigung aufheben. Das hätte fatale Folgen für die gesamte Entsorgungspraxis – nicht nur für Brunsbüttel selbst. Denn auch andere Atommülllager an den norddeutschen AKWs sind auf der gleichen Grundlage genehmigt und entsprechen baulich dem Zwischenlager in Brunsbüttel. Die Genehmigungen der Standortlager in Brokdorf, Krümmel und Grohnde sind zwar rechtskräftig – wären dann aber nach gerichtlichen Maßstäben nicht sicher! Baugleich ist auch das Lager in Unterweser/Esenshamm, aber auch hier steht noch eine Klage an!

Derweil läuft der Streit über die Aufnahme von Atommüll aus der Wiederaufarbeitung in Brunsbüttel weiter. Um das Endlagersuchgesetz auf den Weg bringen zu können, soll künftig kein Atommüll mehr nach Gorleben. Eine Lösung, wohin der Müll stattdessen kann, ist noch nicht gefunden. Denn ungeachtet politischer Auseinandersetzungen haben die AKW-Betreiber als Eigentümer der Standort-Lager das letzte Wort. Sie müssten die entsprechenden Genehmigungen beantragen und die Kosten übernehmen. Siehe dazu: Atomkonzerne und kein Konsens: “Wir zahlen nicht”.

Einzig das Atommülllager im ostdeutschen Lubmin gehört dem Bund und würde eine Zustimmung der AKW-Betreiber nicht erfordern. Aber im Osten will niemand den Westmüll – auch die Landesregierung nicht: Ostsee-Zeitung: Castoren ins Atommülllager Lubmin statt nach Gorleben oder Brunsbüttel?

Der Teufel steckt in vielen Details: Das Hamburger Abendblatt berichtet heute ausführlich über die Situation rund um das AKW Brunsbüttel: Das dortige Lager ist genehmigt für 80 Castoren, derzeit stehen dort neun, elf weitere Castoren kommen noch hinzu, wenn die radioaktiven Brennelemente endlich aus dem Reaktor geholt werden.

„Betreiber Vattenfall beantragte vor etwa einem Jahr, einige Lüftungsschächte zu schließen, auch zur besseren Sicherheit. Doch nun eignet sich das Lager noch maximal für 34 Castoren, sonst wird die Wärme zu groß. Und davon sind 20 für das AKW reserviert. Um die 26 Behälter aus dem Ausland aufzunehmen, fehlt nun auch in Brunsbüttel der Platz. Es ist eine der ungeklärten Fragen, die auch Stefan Mohrdieck hat, Bürgermeister von Brunsbüttel. „Falls der Platz hier nicht ausreicht, schaffen wir dann neue Räumlichkeiten für ein Zwischenlager?“ Aus seiner Sicht würde das ein langwieriges Genehmigungsverfahren nach sich ziehen. „Ich zweifele daran, dass bis 2016 ein solches Projekt realisierbar ist.“ Vor gut einer Woche haben sie in der Ratsversammlung eine Resolution verabschiedet. Die große Mehrheit spricht sich gegen fremden Atommüll in Brunsbüttel und den Transport über die dortigen Häfen aus. Die Forderung: „Die Zwischenlagerung hat jeweils an den Kernkraftwerken der einzelnen Bundesländer zu erfolgen.““

Siehe auch: Mehr Konsens bei Atommülllager in Schleswig-Holstein: CDU, ein paar Piraten, Grüne, SPD und SSW kommen sich näher

 

Dirk Seifert

2 Gedanken zu “Atommülllager AKW Brunsbüttel – Genehmigung auf dem rechtlichen Prüfstand

  1. Castor-Behälter über die gesamte BRD verteilen u.
    dann konsequent Sondermüll von der Deponie Schönberg (Jetzt Dep. Ihlenberg) in ganz Europa zurückverteilen.
    Transport
    ab sofort
    Schließen
    ohne DDR-Schießen

  2. Castor in BRD verteilen

    Auch den Sondermüll der Dep.Schönberg (nach der Wende Dep. Ihlenberg)

    Abtransport …..sofort Schließen…. ohne DDR-Schießen

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