AKWs stilllegen – Schleswig-Holstein und der Atommüll
Die schleswig-holsteinische Landesregierung macht Druck auf Vattenfall. Noch immer sind für die beiden abgeschalteten AKWs Brunsbüttel und Krümmel keine Stilllegungsanträge gestellt. Während Vattenfall für das AKW Brunsbüttel vermutlich den Rückbau anstrebt, ist für das AKW Krümmel immer noch unklar, was der Atomkonzern vorhat.
Weil das derzeitige Atomgesetz den Aufsichtsbehörden der Bundesländer keine rechtliche Möglichkeit gibt, einen AKW-Betreiber innerhalb einer klaren Frist anzuweisen, einen Stilllegungsantrag zu stellen, will nun die Landesregierung von Schleswig-Holstein über den Bundesrat eine Änderung des Atomgesetzes erreichen. Anfang November soll der heute vom Kabinett beschlossene Antrag in den Bundesrat eingebracht werden.
Ein Maßnahme, die kaum strittig sein dürfte und zu begrüßen ist. Strittig dürfte aber der zweite Teil der angestrebten Atomgesetzänderung sein, denn damit will die Landesregierung in Kiel erreichen, dass der sogenannte „sichere Einschluss“ als Möglichkeit künftig ausgeschlossen wird und nur noch der Rückbau zur Grünen Wiese zulässig ist.
Das mag auf den ersten Blick sinnvoll und richtig erscheinen, aber: Was passiert mit dem gesamten Atommüll?
Dass es für hochradioaktiven Atommüll keine Lösung gibt, daran haben sich scheinbar alle inzwischen „gewöhnt“. Egal wie AKWs stillgelegt werden: Der hochradioaktive Atommüll wird für 30-40 Jahre an den AKW-Standorten in den dortigen Zwischenlagern verbleiben.
Aber auch bei den sehr viel größeren (Volumen-) Mengen an leicht- und mittelradioaktiven Atomabfällen sieht es nicht viel besser aus: Zwar ist das Atommülllager im Schacht Konrad rein rechtlich gesehen genehmigt. Aber: Das Genehmigungsverfahren in Niedersachsen ist durch eine Vielzahl von Mängeln gekennzeichnet: Zahlreiche Städte und Kommunen in der Umgebung sind nach wie vor der Auffassung, dass dieses Lager – nicht weit von der ASSE entfernt – dauerhaft nicht sicher ist. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Sorge haben sowohl das Oberverwaltungs- als auch das Bundesverfassungsgericht abgelehnt!
Kann man es also verantworten, dass der leicht- und mittelradioaktive Atommüll dann mit hunderten von Atomtransporten zum Schacht Konrad gefahren und dort eingelagert wird? Nein!
Der schleswig-holsteinische Umweltminister Habeck (Grüne) hält den Rückbau für den einzig sinnvollen Weg: „Das ist politisch und fachlich geboten. Es ist wichtig, dass qualifiziertes, erfahrenes Personal, das auch über sehr tiefe anlagenspezifische Kenntnisse verfügt, am Rückbau beteiligt ist. Die ungelöste Endlagerfrage ist kein Argument gegen einen Rückbau. Wer sich dahinter verstecken will, der will offenbar die Umsetzung des Ausstiegs auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Es ist zwar unbefriedigend, dass es kein Endlager gibt, aber es wäre falsch, der Bevölkerung die Belastungen länger als nötig zuzumuten“, sagte Habeck.
Mit dieser Kritik zielt Habeck vermutlich vor allem gegen Vattenfall. Die Sorge, dass sich Vattenfall angesichts horrender Kosten aus der Verantwortung stehlen mag, ist sicher berechtigt. Aber der Blick auf Vattenfall sollte nicht dazu führen, dass das Atommüllproblem klein geredet wird. Ob in Krümmel oder am Schacht Konrad in Salzgitter: Die Bevölkerung wird die Belastungen so oder so tragen müssen.
Insofern ist das jetzige Vorgehen der Landesregierung genauer zu betrachten und zu diskutieren: Erforderlich ist, dass vor der Entscheidung zum Rückbau alle sicherheitsrelevanten Aspekte und ihre Alternativen genauestens geprüft werden müssen. Bereits in dieser Phase ist auch eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit unbedingt erforderlich.
Eine Alternativenprüfung muss nicht nur für die Anlage selbst erfolgen, sondern auch die Sicherheitsmängel bei der Entsorgung des Atommülls beinhalten. Erst auf Basis einer solchen Betrachtung sollten Entscheidungen getroffen werden.
Und das gilt auch für den sehr schwach radioaktiven Atommüll. In Deutschland darf dieser Strahlenmüll „freigemessen“ werden und unterhalb einer bestimmten Schwelle auf Hausmülldeponien, im Straßenbau oder auch in der weiteren Stahlproduktion eingesetzt werden. Das hat – gerade wenn es jetzt um den Abriss zahlreicher AKWs geht – eine Erhöhung der Hintergrundstrahlung zur Folge. In Frankreich wird von dieser Variante kein Gebrauch gemacht. Dort soll auch dieser Atommüll – wenn auch unter etwas weniger Sicherheitsanforderungen als der leichtradioaktive Müll – endgelagert werden.
Hinweis: In Schleswig-Holstein sollen auch die Atomforschungsreaktoren der GKSS rückgebaut werden. Siehe dazu hier und zur geplanten Begleitgruppe hier.
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